Seit heute Abend ist es wieder so weit in der deutschen Hauptstadt: Die Welt ist zu Gast, Stars wie George Clooney und Meryl Streep auf dem Teppich, hunderte mehr auf den vielen, vielen Leinwänden der Berlinale. Und eröffnet werden die 66. Berliner Filmfestspiele heute Abend mit einer Komödie über das klassische Hollywood-System. Hail, Caesar! heisst der Film der Coen-Brüder, der nächste Woche auch bei uns im Kino anläuft.
Would that it were so simple… Wenn es doch bloss so einfach wäre… einen englischen Satz richtig auszusprechen. Das denkt sich Cowboy-Darsteller Hobie Doyle, nachdem ihn das Studio in einen Smoking gesteckt und dem berüchtigten Starregisseur Laurence Laurentz als Leading Man aufgedrängt hat. Da sitzt der arme Hobie neben einer Southern Belle auf dem Divan und kann sich einfach nicht erklären, was der Regisseur mit dem «mirthless laugh» meinen könnte, mit dem «freudlosen Lacher», den er produzieren soll.
Ex-Voldemort Ralph Fiennes als Regisseur und Newcomer Alden Ehrenreich spielen mit sichtlichem Vergnügen, wie überhaupt alle die grossen Namen, welche Joel und Ethan Coen für ihre Satire zusammengetrommelt haben.
Josh Brolin ist Eddie Mannix, der Studio-Boss, der einen unbotmässigen Schauspieler auch mal mit einer Ohrfeige zur Vernunft bringt. Oder seinen von Scarlett Johansson gespielten Wasser-Ballet-Star aus Publicity-Gründen zu verheiraten sucht, bevor ihre Schwangerschaft in die Klatschspalten vordringt.
Ach ja, und für die Klatschspalten ist die grossartige Tilda Swinton zuständig. Sie spielt gleich beide der legendären und gefürchteten Hollywood-Klatschtanten, Hedda Hopper und Louella Parsons. Als konkurrenzierende Zwillings-Schwestern:
George Clooney schliesslich ist der Filmstar schlechthin. Er spielt Baird Whitlock, und der wiederum spielt einen römischen General in einem Ben-Hur-ähnlichen Sandalen-Epos. Das heisst, er hat ihn gespielt, denn Baird Whitlock ist vom Set verschwunden. Entführt, wie sich herausstellt.
100’000 Dollar wollen die Entführer, aber ihre wahren Absichten sind noch viel … wie wollen wir sagen? Would that it were so simple?
Niemand wird verschont in dieser Komödie, alle sind sie etwas kleiner, als sie denken, diese Hollywood-Leute. Und zugleich etwas grösser als das Leben. Und das macht schliesslich auch den Charme von Hail Caesar aus: Die Komödie ist eine Satire, sie zeigt die dunkle, absurde und die menschenverachtende Seite der klassischen Traumfabrik.
Aber sie lebt gleichzeitig vom Glamour und der Nostalgie, der Liebe zum Kino, den liebevoll rekonstruierten Szenen mit Channing Tatum als Steptänzer im Matrosenanzug, Scarlett Johansson als verführerischer Esther Williams im Nixenkostüm.
Die Coens machen sich mit diesem Film lustig, über das, was sie lieben. Das geht nur, wenn die Liebe spürbar wird. Und das wird sie in Hail Caesar. Wer das klassische Hollywood-Kino mag, kommt hier zu ein paar billigen und einigen überraschend tiefgründigen Lachern.
Ähnlich wie seinerzeit The Hudsucker Proxy bringt Hail, Caesar! Kapitalismuskritik als Spott auf den Tisch. Die «Hollywood Ten», denen auch Trumbo, der demnächst anlaufende Film über Drehbuchautor Dalton Trumbo und seine von den Kommunistenjägern mit Arbeitsverbot belegten Kollegen ein Denkmal setzt, sind bei den Coens echte Verschwörer, wenn auch ziemlich dusslige. Und mit einer schönen Reverenz an Spielbergs unterschätzte Weltkriegs-Komödie 1941 tauchen sogar die Sowjets in, oder sagen wir: vor Malibu auf.
Dass der kapitalismuskritische Philosoph, der den ganzen Haufen theoretisch so unterfüttert, dass sogar Clooneys Baird plötzlich Parolen von sich gibt, perfiderweise Professor Marcuse heisst, ist nur eine von unzähligen Doppel- oder gar Trippel-Referenzen, welche die Coens in diesen Film gestreut haben.
Das wirklich Schöne an Hail, Caesar! ist aber, dass der Film auf jeder Ebene funktioniert. Als nostalgisches Spektakel mit liebevoll rekonstruiertem Handwerk. Als spöttisches Eitelkeits-Fanal. Als Referenz-Teppich für Spurensucher. Und schliesslich, in zwei, drei Momenten (einer davon involviert Frances McDormand als kettenrauchende Cutterin) als genuine, verblüffende Situations-Komödie für sich.