Locarno 17: GLI ASTEROIDI (The Asteroids) von Germano Maccioni (Wettbewerb)

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Die alte Faustregel gilt auch im 70. Jahr des Filmfestivals von Locarno: Finger weg von den italienischen Filmen im Wettbewerb. Würden sie was taugen, wären sie nicht hier, sondern Ende August am Filmfestival von Venedig zu sehen.

Es gab allerdings schon schlimmere Beispiele als Gli asteroidi.

Germano Maccioni gelingen immerhin ein paar ganz anrührende Figurenzeichnungen in einer nicht uncinematographischen Landschaft.

Allessandro Tarrabeloni, Nicolas Balotti, Riccardo Frascari © Articolture

Pietro und Ivan sind neunzehn Jahre alt, wie auch ihr etwas seltsamer Jugendfreund Cosmic. Sie leben in einem längst nicht mehr florierenden ländlichen Industriegebiet in Italien, in der Nachbarschaft eines riesigen Radioteleskops.

Ein Asteroidenschwarm soll in Erdnähe vorbeiziehen, manche, wie auch Cosmic, sind überzeugt, das sei nun das Ende der Menschheit.

Das hindert Ivan allerdings nicht daran, mit Cosmic als unschuldigem Helfer und im Auftrag seines Stiefvaters Ugo (Pippo Delbono) aus dem Kirchen der Umgebung die Kandelaber und andere Antiquitäten zu stehlen. Normalerweise lenkt Cosmic mit einer Beichte den Priester ab und Ivan schleppt derweil die Beute raus.

Pippo Delbono als Ugo in ‚Gli asteroidi‘ © Articolture

Pietro hat derweil seine eigenen Probleme. Sein Vater hat sich erhängt, seine Mutter verliert den Betrieb und das Haus ans Pfändungsamt. Retten könnte sie der Verkauf des wertvollen Cellos ihres Mannes. Aber an dem hängt wiederum Pietro so sehr, dass das nicht in Frage kommt.

Und dann ist das noch die gleichaltrige Chiara an der Schule, die ein Auge auf Pietro geworfen hat.

Es wäre alles vorhanden für eine bittersüsse Coming-of-age-Gschichte. Cosmic, seit einem Kindheitsunfall nicht ganz zurechnungsfähig, aber beschlagen in Astronomie und Philosophie bringt gedankliche Perspektive ein. Chiara Vernunft und leise Erotik, Pietro hat Wut und Lebensangst und Ivan ist die arme Sau mit De Niro-Allüren und dem kriminellen Stiefvater.

Allerdings erzählt Maccioni das ziemlich unstrukturiert in linear-fragmentierter Zufälligkeit. Man reimt sich die Sorgen und Nöte der Figuren zusammen, ein wenig wie bei einer Familienserie. Man stösst auf Momente, die packen, etwa die Not der von Chiara Caselli gespielten Teresa mit ihrem halb verlorenen Sohn Pietro. Oder auch die trotzige Perspektivenlosigkeit der beiden jungen Männer, der mit Vernunft und praktikablen Jobangeboten nicht beizukommen ist.

Allessandro Tarrabeloni, Nicolas Balotti, Riccardo Frascari © Articolture

Aber weil sich das alles so dahin zieht, ohne klare Höhe- oder Tiefpunkte, zumindest bis zum finalen Drama, lässt man sich erst treiben und verliert dann irgendwann das Interesse.

Es hat sicher mit unseren veränderten Sehgewohnheiten zu tun, wenn die Idee aufkeimt, dass mit diesen Figuren und Konstellationen eher eine Serie zu machen gewesen wäre, als ein neunzigminütiger Spielfilm.

Aber in erster Linie liegt es an der Inszenierung und dem Drehbuch-Aufbau, wenn sich einzelne Szenen absehbar und andere ziemlich uninteressant in die Länge ziehen.