Sie heissen Jean-François, Ronald, Alexis, Cédric, Benoit und Maxim. Sie bestehen aus Bergen von Muskeln. Und wenn sie nicht gerade hart am Aufbau weiterer Berge arbeiten, posieren sie wie Youtube-Teenies mit einstudierten Posen und einem Lächeln, das sie alle leicht psychotisch wirken lässt.
Bodybuilder und Wrestler sind für das gängige Festivalpublikum in Locarno keine alltäglichen Figuren. Schon gar nicht, wenn sie breites Kanadafranzösisch sprechen und zuweilen wirken, wie Popeye the Sailorman nach einer Spinatorgie.
Aber dieser Dokumentarfilm (eine Schweizer Koproduktion!) findet seine Exotik genau dort, wo diese Männer (und ein paar Frauen) ihre Normalität ansiedeln.
Der Kanadier Coté ist immer für eine Überraschung in milder bis harter Groteske zu haben. Ob Boris sans Béatrice oder Vic et Flo ont vue un ours, seine Spielfilme finden Figuren und Situationen mit komisch-grausamem Einschlag. Die WTF-Momente sind bei Coté immer gleich um die Ecke.
Das Verblüffende an diesem Dokumentarfilm bringt sein Titel mit der zarten Haut ganz gut auf den Punkt. Es sind die für das Publikum so augenfälligen Widersprüche zwischen dem Streben und Gebaren dieser Männer und ihrer ersten, unmittelbaren Wirkung auf das Auge.
Für die Bodybuilder ist nichts grotesk an ihrer Leidenschaft, ihrem Durchhaltewillen und ihren gesteckten Zielen. Die Posen und die Wettbewerbe gehören dazu. Wer einmal anfängt, verliert leicht die Distanz und den Blick für die inhärente Komik, welche zwischen die furchterregende Physis und ihre pseudo-grazile, narzisstische Präsentation grätscht.
Allerdings beschränkt sich Coté fast über die gesamte Länge seines Dokumentarfilms darauf, ein Maximum aus dieser Konstellation herauszuholen. Wir bekommen viel zu wenig mit aus der persönlichen Geschichte und dem sozialen Umfeld seiner Protagonisten, um wirklich in ihrer Welt anzukommen.
Das wird besonders deutlich im letzten Teil des Films, der alle sechs Männer in einem Lagerhaus an einem idyllischen See zusammenbringt, beim Sonnenbaden, planschen, Gitarre spielen am Feuer und gutmütigem Scherzen.
Jede Gemeinschaft baut sich selber ihre Zugehörigkeitsregeln, Erkennungsmarken und Wegweiser. Und wenn permanentes Epilieren, Eincrèmen und Sonnenbräunen sich mit unseren Vorstellungen von echter Männlichkeit beisst, dann belehren uns Jean-François, Ronald, Alexis, Cédric, Benoit und Maxim eben eines besseren.
Das ist keine grosse Erkenntnis und wohl auch keine nachhaltige. Ta peau si lisse bleibt damit als Dokumentarfilm ein eher kleines Kuriosum. Und im Wettbewerb von Locarno wahrscheinlich ein muskulös gezierter Aussenseiter.