
Im Prinzip hat der japanische Meister des Familienfilms auch die Geschichte von Broker schon mehrfach in Varianten erzählt. Aber so berührend und direkt schafft es kaum jemand im zeitgenössischen Kino, die Wahlfamilie als das eigentliche Glück der Menschheit zu variieren.
In Broker geht es wieder einmal um Adoption, um Kinder ohne Eltern, um aufgegebene, weggegebene Menschen.

Die erste Szene verortet Broker in Busan. Denn eine sehr junge Frau legt ein Kind vor einer Kirche vor der Babyklappe am Boden, von weitem beobachtet von zwei Polizistinnen.
«Geh ihr nach», meint die eine (Bae Doona, sie war in Kore-Edas Air Doll von 2010 die Titelfigur) zur anderen, während sie das Kind sorgfältig aufhebt und in die Babyklappe schiebt.

Im Verlauf der recht komplexen Einführung der Filmfiguren stellt sich dann heraus, dass die beiden Polizistinnen einem organisierten Kinderhandel auf der Spur sind. Der Betreiber einer Wäscherei und Schneiderei (Song Kang-ho , der Vater aus Parasite) löscht mit Hilfe eines jungen Teilzeitangestellten der Kirche (Dong-won Gang) die Aufnahme-Videos der Babyklappe und nimmt die Kinder mit.
Dann verkaufen die beiden die Babys.

Allerdings sind die beiden «Broker», Vermittler, keine herzlosen Gangster, sondern, wie sich bald zeigt, extrem liebevolle, nette Männer, denen es nicht zuletzt um das Wohl der Kinder geht. Ihr eigener Lebenslauf verbindet sie auch mit der jungen Frau, die das Kind aufgegeben hat.
Mit ihr neben sie bald Kontakt auf. Wenig später ist das Trio unterwegs zu einem Käuferpaar – dem die junge Frau dann allerdings das Kind verweigert, weil die beiden offensichtlich keine guten Eltern wären. Und erst noch Ratenzahlung vorschlagen.
Ein Mord und die Handlanger der Witwe des Ermordeten, welche das Kind in ihre Gewalt bringen sollen, komplizieren die Handlung weiter. Aber das alles ist nur der äussere Motor dieses Films.
Denn was Kore-Eda einmal mehr meisterlich aufbaut, ist ein langsam wachsendes Vertrauensverhältnis zwischen Menschen einer vorgeblichen Zweckgemeinschaft.

Dabei spielt er wieder mit allen filmischen und dramaturgischen Elementen, welche in anderen Händen nur allzu leicht in manipulativen Kitsch abrutschen könnten: Waisenhaus und ein fröhlicher Junge dort, die aufkeimende Liebe zwischen der zunächst so verhärteten jungen Mutter und dem jungen Mann, der gescheiterte Ehe mit Tochter des Älteren… und Pianomusik, die auch immer hart an der Grenze spielt.
Ja, wir haben diesen Film von Kore-Eda in Variationen schon mehrfach gesehen, mal raffinierter, mal überraschender. Aber der Japaner schafft es auch in Korea spielend, nicht nur die Oberfläche unserer Gefühle anzukratzen, sondern für 129 Minuten unser ganzes Sein, bis ins Herz, und mit Momenten des Lachens und der nur knapp zurückgehaltenen Tränen.
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