Fantoche lädt zum Wettbewerb

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Das Badener Animationsfilmfestival Fantoche, das mit der diesjährigen Ausgabe vom biennalen zum jährlichen Rhythmus wechselt, hat die Eingabe für den Wettbewerb eröffnet:

Vom 8. bis 13. September 2009 geht das Animationsfilmfestival Fantoche in seine siebte Runde: mit dem Wechsel auf eine jährliche Festivalaustragung, einem angepassten Wettbewerbsprofil und neu geschaffenen Preisen für das einheimische Trickfilmschaffen. Die Ausschreibung für den Wettbewerb ist eröffnet; Einsendeschluss ist der 31. Mai 2009.

Filme können online angemeldet werden, auf der Website des Fördervereins kann man sich selber animieren,  und einen Newsletter gäbs auch.

(Offenlegung: Ich bin Mitglied im Vorstand beim Verein Fantoche)

Onkel Montys Hütte aus ‚Whitnail and I‘ gerettet

Paul McGann und Richard E. Grant in 'Whitnail & I' von 1987
Paul McGann und Richard E. Grant in 'Whitnail & I' von 1987

Es gibt Filme, die sind so eigenwillig, dass sie als Legende ein Eigenleben entwickeln. Bruce Robinsons Whitnail & I von 1987 gehört dazu. Die tragikomische, düstere und stellenweise ganz schön zynische Geschichte zweier arbeitsloser Schauspieler, die in den 60er Jahren versuchen, einen Ausflug aufs Land zur Erholung zu machen, hat sich ins kollektive Gedächtnis der Briten eingebrannt. So sehr offenbar, dass jetzt ein Pub-Betreiber die legendäre Steinhütte im Lake District gekauft hat, welche als uncle Monty’s country cottage gedient hatte. Laut BBC ist der Käufer guten Mutes, seinen Kauf touristisch ausschlachten zu können, obwohl keine Bewilligung für den Betrieb des zerfallenden Steinhaufens als Wohnhaus vorliegt. Wenn das kein Indikator für den Stellenwert des Filmes bei den Briten ist, dann höchstens noch der Catchphrase, der seinerzeit die Plakate von Whitnail & I zierte: „If you can’t remember the 60’s, … don’t worry. Neither can they.“ Was würde Obama dazu sagen?

Risikofrei auf Schweizer Filme setzen?

artboerseMit scharfem Blick für die aktuelle Börsenlage und den seit etlicher Zeit neoliberal-marktorientiert geförderten Schweizer Film hat Webfilmverkäufer Matthias Bürcher auf der Börsenspielseite Inkling Markets das IPO des Schweizer Films eingeleitet – oder doch wenigstens das der für den Quartz nominierten Filme:

Der Schweizer Filmpreis geht zur Börse
Die liberale Berner Ideologie zum Schweizer Film heisst seit 2006 mehr Markt. Der Handlungsspielraum bis jetzt war jedoch beschränkt, haben doch die Schweizer Filme wegen den amerikanischen Blockbusters gar nicht Zugang zum Kinomarkt. Doch jetzt ändert sich alles: Der Schweizer Filmpreis geht zur Börse. artfilm.ch hat auf Inkling Markets zwei Märkte eingerichtet, wo die Akteure der unsichtbaren Hand mit Schweizer Filmen handeln und ihren wahren Wert bestimmen können: Who will win the Swiss Film Prize Best Fiction Film 2009? und Who will win the Swiss Film Prize Best Documentary 2009? Sie gehen kein Risiko ein: Das Geld für die Händler schiesst der Staat gleich vor. Wenn Sie sich gratis anmelden, bekommen Sie 5000 USD virtuelles Startkapital.

Die Wette gilt. Auch wenn sie keinerlei Einfluss haben wird auf die real-irrealen Resultate am 7. März im KKL in Luzern.

Stadtkino Basel: Kontrolliertes Filmwissen für Studierende

Eben hat uns eine bittersüsse Medienmitteilung erreicht: Gute Idee mit kleinen Borsten, würde ich sagen (Erklärung am Ende):

Das Stadtkino Basel und das Institut für Medienwissenschaften der Universität Basel gehen im Bereich der Vermittlung von Filmgeschichte neue Wege. Studierende im Bachelor-Studiengang können ab dem Frühjahrssemester 2009 das Modul «Filmwissen» belegen. Ziel des Angebots sind die Erweiterung des Filmwissens und der Erwerb von Kenntnissen der Schlüsselwerke der Filmgeschichte sowie der filmhistorisch relevanten Filmemacher und Genres. Mit regelmässigen Besuchen im Stadtkino Basel sollen die an der Universität vermittelten theoretischen Ansätze mit kinematographischen Inhalten bereichert werden. „Stadtkino Basel: Kontrolliertes Filmwissen für Studierende“ weiterlesen

Berlinale09: Goldener Bär für Claudia Llosas ‚La teta asustada‘

Claudia Llosa Regisseurin La teta asustada
Claudia Llosa, Peru, erfolgreiche Bärenjägerin.

Nicht immer sind sind sich Kritiker und Jury an einem Filmfestival einig. Aber der goldene Bär für Claudia Llosas La teta asustada hat den allgemeinen Erwartungen entsprochen. Claudia Llosa ist auch in der Schweiz keine Unbekannte, ihren letzten Film Madeinusa hat der trigon-Filmverleih herausgebracht, und man darf Walter Ruggle und seinem Team daher jetzt herzlich zum Berlinale-Gewinner 2009 gratulieren. trigon hat den Film schon eine Weile auf der Liste der kommenden Attraktionen, nun dürften sich die Chancen erhöhen, dass La teta asustada auch ein grösseres Publikum anspricht.

Berlinale09: Vorspannkino im Berliner KW

Plakat Vorspannkino im KW Berlin

Nach der Pressevorführung des enttäuschenden Abschlussfilms von Costa-Gavras heute morgen liessen wir diese Berlinale am Nachmittag mit der neuen Ausstellung im Berliner KW Institute for Contemporary Art ausklingen. Die von Susanne Pfeffer kuratierte Ausstellung zeigt 54 Filmvorspänne aus diversen Epochen des Kinos in vier raffiniert einfachen Ausstellungskinos. Kino 1 funktioniert wie ein gewöhnlicher Kinosaal, man setzt sich in Holzkinostühle und schaut sich fasziniert 19 Vorspänne an, über die ganze Bandbreite der Gestaltung hinweg. Lotte Reinigers Scherenschnittfilm Die Abenteuer des Prinzen Achmed von 1926 folgt auf die alten Fotos im Titelvorspann von Arthur Penns Bonnie and Clyde von 1976. Jean Luc Godard zitiert mit den mündlich vorgetragenen „credits“ seines Le mépris von 1963 den Trick, den Orson Welles 1942 für den Vorspann von The Magnificent Ambersons verwendet hat. „Berlinale09: Vorspannkino im Berliner KW“ weiterlesen

Berlinale09: ‚Eden à l’ouest‘ von Costa-Gavras

Eden a l ouest von Costa Gavras mit Riccardo Scamarcio

Ein trauriges Ende für diese Berlinale ist der Abschlussfilm von Costa-Gavras. Dass er, wie die meisten anderen Altmeisterfilme, ausser Konkurrenz läuft, erspart dem einst so raffinierten und wirkungsmächtigen Regisseur von Z oder Missing wohl bösere Kritiken (wie auch Theo Angelopoulos), aber dieser Film ist ihm einfach missraten. Dabei wäre der Einfall eigentlich erfrischend gewesen, das Schicksal eines Emigranten aus dem Osten für einmal nicht nur als Tragödie, sondern stellenweise als pikareskes Abenteuer eines blauäugigen Jünglings zu inszenieren. Die erste halbe Stunde, in welcher der hübsche junge Mann (Riccardo Scamarcio) sich vom Boot schwimmend in einen Club Med rettet, hält noch einigermassen die Balance zwischen Komik und Schrecken. Wie er sich mal als Angstellter, dann wieder als Gast von einer brenzligen Situation in die andere rettet, das lässt zumindest ahnen, wie dieser Film einmal gemeint war. „Berlinale09: ‚Eden à l’ouest‘ von Costa-Gavras“ weiterlesen

Berlinale09: ‚Tatarak‘ von Andrzej Wajda

Tatarak von Andrzej Wajda mit Krystyna Janda und Pawel Szajda

Die Filme der grossen alten Männer an dieser Berlinale sind sehr unterschiedlich ausgefallen. Chabrol hat mit Bellamy enttäuscht, De Oliveira beherrscht sein präzises Handwerk auch mit hundert Jahren noch, Bertrand Tavernier (der nicht ganz so alt ist) hat meinen Berlinale-Lieblingsfilm In the Electric Mist gemacht, der zwar Schwächen hat, aber in seiner unvergleichlichen Stimmung ein grosse Stärke. Von Theo Angelopoulos und seinem Dust of Time hat niemand mehr einen grossen Innovationsschub erwartet und es ist auch keiner gekommen (dafür hat nun auch der grosse alte Grieche die Global-Unsitte des universal geradebrechten Englisch in allen filmischen Lebenslagen eingeführt). Aber Wajdas jüngster Film ist eine Überraschung. Tatarak ist eine Schilfpflanze, und eine literarische Vorlage, die Wajda mit dem polnischen Star Krystyna Janda „Berlinale09: ‚Tatarak‘ von Andrzej Wajda“ weiterlesen

Berlinale09: Das leise Brummen der Bären

Mit 26 Filmen im Wettbewerb (davon acht ausser KonkurreBerlinale Bärnz) und unzähligen weiteren in den verschiedenen Nebensektionen haben die 59. Berliner Filmfestspiele in den letzten Tagen die Kulturschlagzeilen beherrscht. Was bleibt vom inszenierten Rummel? Welche Filme kommen für den goldenen Bären in Frage, und welche werden darüber hinaus im Gedächtnis bleiben? Im Berlinale-Studio am Potsdamer Platz habe ich mit Katja Nicodemus von der “Zeit” und Martin Walder von der „NZZ am Sonntag“ versucht, herauszufinden, wo die Unterschiede liegen in der filmischen Inszenierung des weiblichen Leidens durch Regisseurinnen und der Inszenierung durch Männer. Von Olesen Lille Soldat über Frears’ leidende Michelle Pfeiffer in Chéri zu Katalin Varga bis hin zu Llosas Fausta sind diese Frauenfiguren der einzige rote Faden im diesjährigen Wettbewerb.

Hören:

Saugen: DRS2 Reflexe vom 13. Februar 2009

Berlinale09: Das Festival der leidenden Frauen

Magaly Solier in ‚La teta asustada‘ von Claudia Llosa © trigon

Mit La teta asustada (englischer Titel: The Milk of Sorrow) von Claudia Llosa aus Peru war heute im Berlinale-Wettbewerb die perfekte Ergänzung zu Peter Stricklands Katalin Varga (siehe unten) programmiert. Wieder steht eine Frau im Zentrum, diesmal die Tochter einer vergewaltigten Mutter. Sie leidet unter der „verwunschenen Brust“, weil sie die Vergewaltigung ihrer Mutter schon als Embryo in ihrem Leib miterleben musste. Zu Beginn des Films stirbt die Mutter und erzählt singend noch einmal ihre Leidensgeschichte. Die Vergewaltigung, welche die alte Frau „Berlinale09: Das Festival der leidenden Frauen“ weiterlesen