Filmpodcast Nr. 270: Eine wen iig dr Dällebach Kari, Bottled Life, Theo Angelopoulos, The Artist, Karl Markovics.

'Bottled Life' ©frenetic

Kino im Kopf mit Brigitte Häring. Vier Filme und ein Todesfall heute in der Filmrolle. Xavier Kollers Eine wen iig, dr Dällebach Kari gibt’s heute gleich doppelt, von Michael Sennhauser und von Eric Facon, vom mir ein Gespräch mit Urs Schnell, dem Regisseur des Dokfilms Bottled Life, dann Erinnerungen an den tödlich verunglückten Regisseur Theo Angelopoulos von Walter Ruggle, und meinen Beitrag zur Überraschung des Jahres, The Artist. Wie immer auch in der Rolle: Kurztipps und eine Tonspur. Und zuletzt noch ein langes Gespräch von Michael Sennhauser mit dem Österreicher Karl Markovics über dessen Film Atmen.

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SFT12: ‚Vol Spécial‘ und ‚Die Wiesenberger‘ gewinnen die Hauptpreise

Die Jury und die Direktorin: Micheline Calmy-Rey (Alt-Bundesrätin); Séverine Cornamusaz (Filmemacherin); Seraina Rohrer (Direktorin); Charles Lewinsky (Schriftsteller)

Keine Überraschung bei der Preisvergabe in Solothurn: Ich hätte meinen Winterschnauz verwettet darauf, dass die Jury und das Publikum sich so entscheiden werden. Manchmal ist es aber schon schön, recht zu behalten. Hier die offizielle Meldung: „SFT12: ‚Vol Spécial‘ und ‚Die Wiesenberger‘ gewinnen die Hauptpreise“ weiterlesen

Die Unverpassbaren, Woche 04

Bérénice Bejo in 'The Artist' ©praesens film

Erst diese fünf Filme sehen, dann alle anderen.

  1. The Artist von Michel Hazanavicius. Eine extrem liebevolle Hommage ans Kino der Stummfilmzeit, ausgesprochen schön gemacht, mit Witz, Herz und cinéphilem Furor.
  2. Halt auf freier Strecke von Andreas Dresen. Filmkritiker heulen nicht. Aber bei Dresen immer häufiger. Nicht zuletzt vor Glück. Der Mann mit dem Hirntumor nimmt einen mit.
  3. Atmen von Karl Markovics. Ein eben so kunstvoller wie zugänglicher Film über einen Jungen Mann, dem die Arbeit mit Leichen in Leben zurück hilft. Ein Kino-Kleinod.
  4. Le gamin au vélo von Jean-Pierre und Luc Dardenne. Die unerbittlichen Brüder haben sich selbst neu erfunden. Mit märchenhafter Zuversicht mitten in der harten Welt. Und mit Cécile De France als unerschütterlich mütterlicher Realitäts-Fee.
  5. Cave of Forgotten Dreams von Werner Herzog. Aufs Alter hin hat Herzog den Zorn Gottes ein wenig abgelegt, aber Staunen kann er immer noch. In 3D, über die ältesten Kunstwerke der Welt und mit einem wunderbar absurden Ausflug zu ein paar Albino-Alligatoren.

Im Filmpodcast morgen mehr. Zu den 47. Jahren Solothurner Filmtagen, Eine wen iig – dr Dällebach Kari, zu The Artist und zu Bottled Life. Und ein Gespräch mit Karl Markovics zu seinem grossartigen Atmen.

SFT12: ALLES EIS DING von Anita Blumer

Sophie Hottinger, Jeanne Devos und Anna-Katharina Müller in 'Alles eis Ding' ©frenetic

Was für eine Freude, dieser Film! Er ist einfach und liebenswert, schmerzlich und komisch, linear und formlos zugleich. Anita Blumer erzählt von sechs Schwestern, die mit ihrer schon leicht wunderlichen Grossmutter am Zürcher Stadtrand in einem alten Haus mit Garten wohnen. Der Film hat damit fast die gleiche Ausgangslage wie Milagros Mumenthalers in Locarno ausgezeichneter Abrir puertas y ventanas. Auch hier geht es um Verantwortung der älteren Schwestern für die jüngeren, um den Weg aus dem Geschwisternest in die Welt hinaus, um den Tod der Eltern und der letzten Bezugsperson, um Liebschaft, Erotik, Zukunft, Vergangenheit.

Während aber Mumenthalers Film ein kompaktes, streng durchkomponiertes Kammerdrama ist, hat Alles eis Ding eine fröhliche Leichtigkeit, die manchmal ins Absurde rutscht und immer eine extreme Herzlichkeit ausstrahlt. „SFT12: ALLES EIS DING von Anita Blumer“ weiterlesen

SFT12: Seraina Rohrer, aus Sand gebaut

Sand-Seraina vor dem Landhaus ©sennhauser

Plötzlich stand sie da, die Schubkarre mit dem aus Sand geformten Konterfei der neuen Filmtagedirektorin. Vor dem Eingang zum Landhaus in Solothurn, ohne weitere Hinweise oder Beschriftung. Man rätselte und witzelte, wie es sich ja anbietet. Seraina Rohrer selber hat ihren Golem erst relativ spät zu Gesicht bekommen und noch später die Erklärung dazu, was die Aktion bezwecke. Mittlerweile ist das Rätsel gelöst: es handelt sich um eine Kunstaktion, die auch noch weitere Stationen in der Schweiz bekommen soll. Dass mit einer Sandskulptur immer irgendwie auf die Vergänglichkeit der Dinge verwiesen wird, hat Seraina Rohrer mit Humor genommen. Zumal beim ersten Regenguss gestern irgend ein wohlmeinender Mensch den Sandkopf fürsorglich mit einem Tuch abdeckte und so der Vergänglichkeit ein erstes Schnippchen schlug.

SFT12: TOULOUSE von Lionel Baier

Alexandra Angiolini, Julia Perazzini in 'Toulouse'

Lionel Baier hat es wieder fertiggebracht: Der Mann macht Filme, die nicht nur nahtlos in der grossen Westschweizer Tradition stehen, sondern auch noch eine Art Synthese darstellen. Toulouse nimmt Themen und Befindlichkeiten der 70er Jahre auf und ist zugleich absolut von heute. Eine entschlossene junge Frau ist mit ihrer Tochter unterwegs im Waadtland. Sie kauft auf einem Hof einen alten Ford Taunus, mit dem die beiden (bei denen man bald das Gefühl hat, sie seien auf einer unbestimmten Flucht) allerdings bald immer wieder erkannt werden. Zuerst vom Polizisten, der sie anhält, weil sie ohne Nummernschilder unterwegs sind, dann vom Mann, der ihnen weiterhilft, als das Benzin ausgeht. Alle kennen Solange, den goldbraunen Ford Taunus. Und da hilft es auch nicht, dass die raketenbegeisterte kleine Marion das Auto in „Ariane“ umbenennt.

Toulouse hat mich restlos begeistert. Kein anderer Spielfilm hier in Solothurn ist dermassen reich aufgeladen auf jeder Ebene und zugleich so simpel. Da sind die Kornfelder und Landschaftsbilder, das Terrorismus-Substrat und die Frauenfiguren, die an Alain Tanner erinnern, etwa an seinen wunderbaren Messidor, die Wolkenbilder und der Musikeinsatz, die Tankstelle, die assoziativen Schnitte, die von Godard kommen, und da sind die absolut hinreissenden Einfälle von Baier, der für einen verblüffenden Bildwitz manchmal nur ein paar Frames braucht. „SFT12: TOULOUSE von Lionel Baier“ weiterlesen

Zum Tod von Theo Angelopoulos

Theo Angelopoulos war Griechenlands grösster Filmerzähler. Diese Woche kam er auf tragische Weise bei einem Verkehrsunfall um Leben. Aus Anlass seines Todes bringen wir ein Portrait des wichtigen europäischen Filmemachers noch einmal. Entstanden ist es 2004 anlässlich des Erscheinens seines Films Eleni – Die Erde weint. In dieser Sendung von Filmredaktor Pierre Lacht äussert sich Theo Angelopoulos zu den Ursprüngen, Themen und Methoden seiner Filmautorenschaft. Seit 40 Jahren hat der griechische Kinoerzähler mit seinen oft sehr eigenwilligen Werken die Siebente Kunst seines Landes praktisch im Alleingang vertreten. Er zeigt sich in seinen Filmen verwurzelt mit der oft auch brutalen Geschichte seines Landes und seiner Familie.

Sendetermin: Freitag, 27.1.2012, 15.00 – 15.30 h

Heute zudem in DRS2aktuell mit dem Schweizer Angelopoulos Kenner Walter Ruggle von trigon-film

SFT12: Aussenblick auf den Schweizer Film

Katja Nicodemus und Andreas Kilb ©sennhauser
Katja Nicodemus und Andreas Kilb ©sennhauser

An den Solothurner Filmtagen haben die organisierte Debatten die einstigen wilden Diskussionen über die Filme abgelöst – eine Folge der Medialisierung und der Entwicklung hin zum Publikumsfestival. Was aber als Hilfskonstruktion vor ein paar Jahren begonnen hat, funktioniert mittlerweile ganz gut. Das Format „Film-Club“, bei dem ausländische Kollegen über ein paar ausgesuchte Schweizer Filme diskutieren, macht mittlerweile richtig Spass.

Gestern waren es: Andreas Kilb (FAZ), Katja Nicodemus (Die Zeit, und jeweils auch in unseren Reflexe-Runden aus Berlin und Cannes zu hören) und Bert Rebhandl (Freier Journalist), welche unter der Leitung von Catherine Ann Berger (SF) die folgende Filme diskutierten: „SFT12: Aussenblick auf den Schweizer Film“ weiterlesen

SFT12: DIE WIESENBERGER von Bernard Weber und Martin Schild

'Die Wiesenberger' ©xenix

Die diesjährige Auswahl für den Publikumspreis in Solothurn ist gross – und attraktiv. Und mindestens drei der nominierten Dokumentarfilme (Spielfilme sind auch dabei, zum Beispiel Hell von Tim Fehlbaum, oder Off Beat von Jan Gassmann) fahren auf den ersten Blick die Ethno/Folklore-Schiene, wenn auch jeder auf seine sehr spezielle Art. Alpsegen von Bruno Moll, der rasante, schwarzweisse und als Hommage an Scorseses Raging Bull ziemlich grossartig gestaltete Kampf der Königinnen von Nicolas Steiner und schliesslich die grosse Überraschung von gestern Abend, Die Wiesenberger. Der Film ist darum eine positive Überraschung, weil er einerseits sorgfältig eine Erfolgsgeschichte mit Folgeproblemen erzählt, nämlich die der plötzlichen Popularität des Jodlerklubs Wiesenberg nach ihrem Sieg bei den grössten Schweizer Hits.

Andererseits geht der Film über die vordergründige Geschichte hinaus und wird zu einer unaufdringlichen Reflexion der medialen Spiegelwelt. Wenn sich einerseit zuerst die Sänger vom Jodelklub berührt zeigen davon, plötzlich mit den Leuten auftreten zu können, die sie jahrelang am Fernsehen gesehen haben, dann aber bald auch die Kehrseite des medialen Ruhms kennenlernen, nämlich das Pech, dass aus dem entspannenden Hobby plötzlich ein anstrengender Wochenendberuf zu werden droht, dann wird der Film auf überraschende Weise lebendig. „SFT12: DIE WIESENBERGER von Bernard Weber und Martin Schild“ weiterlesen

SFT12: Reflexe-Zwischenbilanz mit Seraina Rohrer und Matthias Bürcher

Seraina Rohrer und Matthias Bürcher Im Filmtageradiostudio
Seraina Rohrer und Matthias Bürcher Im Filmtageradiostudio
Seraina Rohrer und Matthias Bürcher Im Filmtageradiostudio ©Ruedi Wild

Am Donnerstag ist Preisverleihung. Bis dahin sind noch knapp drei Tage übrig von den diesjährigen Solothurner Filmtagen – den ersten unter der Leitung von Seraina Rohrer. Was war anders? Was hat sich bewährt? Und wo steht der Schweizer Film überhaupt? Michael Sennhauser unterhält sich im Landhaus in Solothurn live mit Matthias Bürcher und mit der neuen Filmtageleiterin über ihre Feuertaufe.

Die Sendung ist bereits online, hier zum Download und hier zum Hören: