In der Provinz gibt es alles, was die Teenager brauchen für ihr Hoffen, ihr Lieben, ihr Träumen und ihre Dramen. Siebzehn heisst der Film, weil dies das Alter ist der Protagonisten, der Schauspielerinnen zum Zeitpunkt des Drehs. Und weil Filmemacherin Monja Art eine serielle Erzählung mit vielen Perspektiven und Figuren vorschwebte.
Sonst hätte Siebzehn auch «Paula» heissen können. Denn Paula (Elisabeth Wabitsch) ist auf jeden Fall das Gravitationszentrum. Sie und ihre träumerische, schmerzliche Verliebtheit in die gleichaltrige Charlotte (Anaelle Dézsy). Die aber ist in einer festen Beziehung mit Michael.
Monja Art erklärte an der Diagonale-Premiere, sie habe versucht, Kinder zu inszenieren und mit Teenagern dokumentarisch zu arbeiten, beides sei unbefriedigend gewesen. Darum sei Siebzehn entstanden, ein Spielfilm, in dem Teenager ihr Alter spielen, nach vorgegebenem Drehbuch und fixen Dialogen in Szenen mit mehr als drei Protagonistinnen. Und weitgehend improvisiert in jenen Szenen, in denen sie nur zu zweit oder zu dritt sind.
Entstanden ist dabei ein Altersgruppenbild mit zeitlosen Zügen, aber auch mit klarer Verankerung in der Gegenwart. Zeitlos ist das grosse Begehren, die Anziehung und Abstossung dieser Mädchen und Jungen untereinander. Zeitlos die Spielchen, das Beobachten, Abwarten, die Unsicherheiten und die Absolutheit der Gefühle.
Zeitgebunden wirkt die Beweglichkeit, die sexuelle Offenheit, die unverbindliche, schnelle, elektronische Kommunikation, die Möglichkeit, sich selber auf «offline» zu stellen oder die anderen zu blockieren – und dies nicht nur in der Chat-App.
Zeitgebunden wirkt auch die Offenheit gegenüber der sexuellen Orientierung. Die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler meinten nach der Diagonale-Premiere übereinstimmend, das sei in ihrem Umfeld überhaupt kein Thema, man liebe eben wen man liebe. Und gleich darauf meinte einer der jungen Darsteller, er lebe aber eben auch in einer wunderbaren, glücklichen «Bubble».
Dabei scheint das gar nicht so wichtig im Zusammenhang mit diesem Film. Monja Art schafft ein in sich stimmiges, wiedererkennbares jugendliches Universum im ländlichen Niederösterreich. Aufgeschlossen sind sie, verspielt und ernsthaft und, wenn es sein muss, genau so bösartig, giftig und absolut wie jedes «mean girl» und jeder «football jock» in den einschlägigen US-Produkten der letzten dreissig Jahre. Mit dem grossen Unterschied, dass sich diese Jugendlichen immer wieder finden, dass sie ihre Rollen vergleichen, sich verzeihen, Dinge und Situationen ausprobieren.
Hier liegt das utopische Potential von Siebzehn, hier und in der Absolutheit der Gefühle, die noch in ihrer Widersprüchlichkeit immer endgültig und unumstösslich sind.
Dass der Film mit seinen 104 Minuten nicht zu einem Ende kommt, dass man als über 50jähriger irgendwann das Gefühl hat, sich in einer Handlungs- oder Gefühlsschleife dieser Heranwachsenden in einem déjà vue verloren zu haben, das ist erzählerisch vielleicht eine Schwäche von Siebzehn, konzeptuell aber konsequent und nachvollziehbar.