KEYKE MAHBOOBE MAN (My Favourite Cake) von Maryam Moghaddam, Behtash Sanaeeha (Berlinale 2024, Wettbewerb)

Lily Farhadpour, Esmail Mehrabi © Hamid Janipour

Dieser Film wurde geschrieben und geplant, bevor die Frauen-Protestbewegung im Iran aufkam, die Dreharbeiten hatten gerade begonnen, als Mehsa Gina Amini am 16. September 2022 starb, nachdem sie von der Sittenpolizei verhaftet worden war.

Unter Schock beschloss das Filmteam, insgeheim dennoch weiter zu drehen, so versteckt wie möglich.

Denn die Geschichte, welche Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha da erzählen, die dreht sich letztlich genau um die massiv eingeschränkten Rechte der Frauen in der iranischen Gesellschaft.

Die von Lily Farhadpour gespielte Mahin ist siebzig Jahre alt. Sie lebt allein in dem Haus, das sie in Teheran gekauft hatte, als ihr Mann starb, ihre Kinder sind nach Europa ausgewandert, haben sich dort mit Familien niedergelassen.

Lily Farhadpour, Sorayya Orang © Hamid Janipour

Nun trifft sie sich nur noch selten mit ihren alten Freundinnen und wenn sie doch einmal beieinander sind, drehen sich die Gespräche schnell um Altersgebresten und Einsamkeit – wenn auch nicht von allen. Denn zumindest eine der Frauen ist nach wie vor der Meinung, mit altersgemäss niedergeschlagenem Blick würde auch sie keine Männer mehr kennenlernen.

Was Mahin sich zu Herzen nimmt.

Nach einigem Zögern macht sie sich auf und versucht zuerst einmal im Park auf alte alleinstehende Jogger zu treffen. Aber die, erklärt ihr ein Parkwächter, die kämen immer früh am Morgen ihre Runden drehen. Am Mittag würden die längst wieder Schläfchen machen. Keine Option für Mahin, die ihrer nächtlichen Schlaflosigkeit wegen überhaupt erst gegen Mittag aufsteht.

Melika Pazouki, Lily Farhadpour © Hamid Janipour

Dafür hat sie eine andere Begegnung im Park. Die Sittenwächter, deren Kleinbus schon voll ist mit verängstigten Frauen, haben eben ein weiteres Opfer ausfindig gemacht, eine sehr junge Frau, welche ihr Kopftuch nicht weit genug nach vorne gezogen hat. Mahin geht dazwischen und verdattert die Männer mit ihrer Empörung so, dass sie die junge Frau stehen lassen und mit ihrem ohnehin schon gut gefüllten Bus davonbrausen.

Schliesslich trifft Mahin in einem Restaurant für Rentner auf den Taxifahrer Faramarz. Der ist ebenfalls siebzig Jahre alt, vollkommen allein auf der Welt und überraschend liebenswürdig.

Und weil er als Taxifahrer unauffällig bis vor Mahins Haus fahren kann, lädt sie ihn spontan zu sich ein – was ihn zu einem kleinen Zwischenhalt bei der Apotheke veranlasst.

Der Abend und die Nacht der beiden Siebzigjährigen hat es dann in sich, mit viel Lebenslust, Tanzen, heimlichem Wein trinken und vor allem enorm viel spontaner Sympathie auf beiden Seiten.

Lily Farhadpour, Esmail Mehrabi © Hamid Janipour

Dass die ganze spontane Harmonie ein wenig märchenhaft wirkt, liegt wohl daran, dass der Film den Kontrast maximieren will zwischen dem offiziell so eingeschränkten Leben der Frauen und dem, was mit etwas Lebensfreude eigentlich möglich wäre.

Und darum folgt noch die eine oder andere nicht ganz unerwartete Wendung, mit definitiv unerwarteter erzählerischer Frechheit.

Der ganze Film, bis hin zur Besetzung, ist ein Akt des Protestes, ein tragikomisches, zutiefst menschliches Plädoyer gegen die Unterdrückung der iranischen Bevölkerung und insbesondere der Frauen.

Das die Filmemacher zur Berlinale nicht ausreisen durften, überrascht denn auch wenig. Dem Film dagegen hat das einmal mehr weltweit mehr Publicity eingebracht, als dem Regime in Teheran lieb sein dürfte.

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