Cannes 13: BORGMAN von Alex van Warmerdam

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Wenn dieser Film kein US-Remake bekäme, müsste es schon mit dem Teufel zugehen. Was nicht ganz ausgeschlossen ist, denn in den ersten Minuten von Borgman macht sich ein Priester mit zwei bewaffneten Männern auf die Jagd nach Männern, die ganz wörtlich im Wald im Untergrund schlafen. Allerdings gelingt ihnen die Flucht und es beginnt eine Geschichte, die wir noch nicht gekannt haben.

Es kommt selten genug vor, dass ein Film mit einer völlig neuen originellen Prämisse aufwartet. Borgman bereichert die Welt des phantastischen Films um eine neue Spezies. Am Anfang sind es drei Exemplare, am Ende etliche mehr. Und es steht zu befürchten, dass sie irgendwann Legion sein werden.

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Was der Holländer Alex van Warmerdam mit Borgman hier in Cannes auftischt, ist frischer und böser als alles andere, was bisher im Wettbewerb lief. Der titelgebende Herr Borgman kommt aus dem Wald und arbeitet sich ins Zentrum einer reichen Familie mit drei Kindern und Au Pair-Mädchen vor, indem er zuerst einmal einfach klingelt und in seiner ganzen Verdrecktheit darum bittet, ein Bad nehmen zu dürfen. Vom Herrn des Hauses wird er daraufhin fürchterlich verprügelt, was ihm den Weg ins Gewissen (und schliesslich mehr) der Frau öffnet.

Damit sind die Voraussetzungen geschaffen für die Infiltration und schliessliche Übernahme der privilegierten Familie. Borgman hat offensichtlich viele Gestalten. Er ist Nachtmahr und Drifter, er kommt wieder als Gärtner, und er organisiert weitere seiner Getreuen, die ebenfalls ihren Einfluss geltend machen und ihre Skrupellosigkeit unter Beweis stellen.

Jeroen Perceval, Hadewych Minis
Jeroen Perceval, Hadewych Minis

Wer in dieser Übernahme der privilegierten Villa durch entschlossene Unterprivilegierte aktuelle europäische Ängste bedient sieht, liegt keineswegs falsch. So ebnet sich Borgman den Weg zum Gärtnerjob, indem er erst den Originalgärtner umbringt, dann auf die Stellenausschreibung hin Ausländer, Schwarze und Ungelernte zum Vorsprechen beim Hausherrn schickt, bis dieser so entnervt ist, dass er den ersten holländisch sprechenden und wirkenden Mann anstellt. Und das ist natürlich Borgman, mittlerweile rasiert und mit geschnittenen Haaren.

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So simpel, wie das in der Nacherzählung klingt, ist das allerdings nicht inszeniert. Borgman und seine Getreuen gehen abwechselnd subtil, grotesk und dann wieder übersinnlich vor. Und ihr Einfallstor sind Frauen und Kinder. Männer (und nicht nur Männer) müssen weg, wobei die Entsorgungsmethode wiederum für ein paar der schönsten und zugleich unheimlichsten Einstellungen des Films sorgt.

Jan Bijvoet als Borgman
Jan Bijvoet als Borgman

Er habe einen Film machen wollen, der dunkler sei als seine bisherigen sieben, sagt Alex van Warmerdam. Und zugleich einen, der mehr Fragen aufwerfe als er Antworten gebe. Das ist ihm auf jeden Fall gelungen, auch wenn die wohl naheliegendste Interpretation der Vorgänge jene ist, die Europa am meisten beschäftigt: Wie können wir unseren Wohlstand erhalten, wenn andere auch daran teilhaben wollen? Und wo stehen wir moralisch, wenn wir uns diese Frage schon stellen?

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Für seinen überaus originellen Ansatz allein gebührt diesem Film mehr als ein Preis. Dass die Ausführung auch noch höchst elegant zwischen allen Genregrenzen hindurch führt, und die Schauspieler mit ihrer Zurückhaltung ungemein effizient sind, eröffnet auch noch weitere Möglichkeiten. Und wenn hier in Cannes kein Preis abfallen sollte, dann ist Borgman noch immer ein heisser Kandidat für den Méliès d’Or. Und damit sei meiner Hoffnung Ausdruck verliehen, dass Borgman im Juli auch im Rahmen des NIFFF in der Schweiz zu sehen sein wird.

Alex van Warmerdam
Alex van Warmerdam

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