MAD HEIDI von Johannes Hartmann und Sandro Klopfstein

Alice Lucy ist Heidi ©Swissploitation Films LLC

Nach fünf Jahren Entwicklung, Crowdfunding, Merchandising und dem Aufbau einer globalen Fan- und Investoren-Basis hat der «Swissploitation»-Film Mad Heidi im Zürcher Kongresshaus als ZFF-Special sein erstes Schweizer Publikum gefunden.

Nein, es ist erst mal nicht wahnsinnig lustig, wenn Max Rüdlinger als sadistischer Kommandant Knorr sein laktose-intolerantes Opfer mit Fondue waterboardet.

Oder doch?

Die Menge machts: Bei über 1600 Menschen im Zürcher Kongresshaus reisst die lautstark jubelnde Fanbase das Publikum einfach mit.

Max Rüdlinger als Kommandant Knorr © Swissploitation Films LLC

Die Schweiz als Käsediktatur, Alpöhi als Widerstandskämpfer und Heidi als hellebardenschwingende Kämpferin für die Freiheit bilden bei dieser Schweizer Premiere mehr als eine absehbare Reihung von Klischees.

Mad Heidi, der Film, erfüllt Erwartungen wie eine Kuckucksuhr und setzt damit den zentralen Aspekt der «Exploitation» (Ausbeutung) mustergültig um.

Das beginnt beim Tarantino-mässig wie eine zerschliessene 35mm-Kopie über die Leinwand rasselnden Titelvorspann, steigert sich zu einem ersten Blutbad, bei dem schwarzuniformierte Schweizer Sturmtruppler eine demonstrierende Menge mit Sturmgewehren massakrieren, und nimmt dann seinen sadistischen Lauf, wie es sich gehört.

So weit, so absehbar.

Aber eben nicht nur. Neben Unmengen von Kunstblut steckt in diesem Mad Heidi auch etliches Herzblut, und dem kann sich kaum ein Filmfan entziehen.

Die Berner Jugendfreunde Johannes Hartmann und Sandro Klopfstein haben mit ihrem Produzenten Valentin Greutert ihr blutig-trashiges Leinwand-Uhrwerk mancherorts recht liebevoll angereichert.

Casper van Dien als Diktator Meili und Max Rüdlinger als Kommandant Knorr © Swissploitation Films LLC

Der schon etwas abgehangene Leinwandruhm von Star Casper van Dien in der Rolle des Käsediktators wird etwa mit ein paar wörtlichen Zitaten aus seinem Hollywood-Sprungbrett «Starship Troopers» (1997) befeuert.

Dabei ist für alle etwas zu haben. Der Nerdfaktor steigert sich von den billigsten Zitaten bis zu einer amalgamierten Anthologie des Genre-Kinos. Heidi durchleidet etwa den Frauengefängnis-Film, die Wuxia-Schwertkämpfer-Trainingsphase, oder das Gladiatoren-Kino. Es gibt Blaxploitation-Zitate (afroamerikanische Haudraufs) und Nunsploitation (Nonnenkämpfe).

Auch die Swissness ist vielschichtig. Neben der irren Geographie, bei der Bern, das Amphitheater von Martigny, Davos und das Matterhorn alle gleich nebeneinander liegen, steht etwa eine Hommage an Erwin C. Dietrich, den 2018 verstorbenen König des Schweizer Trash-Films: Im Hof des Frauengefängnisses dröhnt aus den Lautsprechern das Titel-Marschlied aus dessen Naziploitation-Film Eine Armee Gretchen von 1973. Das ist Fanservice auf archäologischem Niveau.

Das verblüffendste an diesem für ein globales Publikum gemachten «Mad Heidi» ist aber seine unangestrengt beiläufige Diversität. Heidi bleibt weiss, aber «Goat-Peter» ist schwarz, im Schweizer «Volch» wie im Widerstand finden sich Kleinwüchsige und alle möglichen Ethnien in absoluter Selbstverständlichkeit.

Dass das weniger auffällt als die angestrengte «Diversity» bei aktuellen Hochglanzproduktionen, hat damit zu tun, dass das trashige Exploitation-Kino schon immer seismografisch funktioniert hat: Gib dem Publikum, was es will. Aber ohne Botschaft.

Mad Heidi hat den Sprung vom Reissbrett in sein Publikum geschafft.

Der Film kommt am 24. November ins Kino
und ist ab 8. Dezember über
madheidi.com global streambar

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