Für einmal hat am Filmfestival von Cannes derjenige Film die goldene Palme gewonnen, mit dem eigentlich alle gerechnet hatten. The Tree of Life des Amerikaners Terrence Malick erzählt anhand von überwältigenden Naturbildern und Szenen aus einem Familienleben vom Kampf zwischen darwinistischer Natur und göttlicher Gnade, in den Augen der Söhne verkörpert von Vater und Mutter. Bei seiner Premiere letzte Woche hat der Film die Kritiker gespalten. Als grossartiges Kunstwerk und überwältigendes Gebet haben ihn die einen erlebt, während andere, wie ich, von Bombast oder gar Kitsch geredet haben. Terrence Malick, der notorisch scheue Regisseur, der keine Interviews gibt und nicht öffentlich auftritt, ist der Preisverleihung denn auch dieses Mal ferngeblieben und hat damit seinen Ruf eines erleuchteten Eremiten des amerikanischen Kinos wohl noch weiter gefestigt.
Der andere grosse Abwesende des Abends war der Däne Lars von Trier, der vom Festival zur Strafe für seine konfusen Nazi-Bemerkungen letzte Woche zur Persona non Grata erklärt worden war. Kirsten Dunst, die Hauptdarstellerin seines Filmes Melancholia durfte allerdings trotzdem den Preis für die Beste Darstellerin entgegen nehmen, wie schon vor zwei Jahren Charlotte Gainsbourg für ihre Rolle in von Triers Antichrist, oder vor elf Jahren die isländische Sängerin Björk in von Triers Dancer in the Dark. Damit dürfte von Trier seinem momentan etwas ramponierten Ruf zum Trotz auch weiterhin keine Probleme haben, weibliche Stars für seine Projekte zu gewinnen.
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