Locarno 15: HEIMATLAND von Lisa Blatter, Gregor Frei, Jan Gassmann, Benny Jaberg, Carmen Jaquier, Michael Krummenacher, Jonas Meier, Tobias Nölle, Lionel Rupp und Mike Scheiwiller (Wettbewerb)

'Heimatland' © Look Now
‚Heimatland‘ © Look Now

Zehn junge Schweizer Filmemacherinnen und Filmemacher tun sich zusammen und entwickeln Szenen-Ideen zu einem Grundeinfall: Über der Schweiz braut sich etwas zusammen. Eine unheimliche Wolke verdunkelt den Himmel über dem Land. Es kommt zu Stromausfällen, die Wasserversorgung bricht zusammen, Läden werden geplündert, Panik treibt Tausende an die Grenzen. Denn an der Grenze stoppt die Wolke. Und an der Grenze werden auch die Flüchtlinge aus der Schweiz gestoppt; die EU lässt nur noch Menschen mit EU-Pass ins sichere Ausland.

Was leicht zu einer simplen Umkehr-Satire hätte gerinnen können, wird vom Kollektiv dieser offensichtlich eben so streitbaren wie talentierten jungen Autorinnen und Autoren zur packenden, zuweilen aufwühlenden und manchmal durchaus auch komischen Dystopie. „Locarno 15: HEIMATLAND von Lisa Blatter, Gregor Frei, Jan Gassmann, Benny Jaberg, Carmen Jaquier, Michael Krummenacher, Jonas Meier, Tobias Nölle, Lionel Rupp und Mike Scheiwiller (Wettbewerb)“ weiterlesen

Locarno 15: NO HOME MOVIE von Chantal Akerman (Wettbewerb)

No Home Movie

Chantal Akerman ist eine jener wenigen europäischen Filmemacherinnen, die sich schon ab Ende der Sechziger Jahre einen bleibenden Namen geschaffen haben. Stilistisch, formal und inhaltlich hat sie sich stets radikal vom Bestehenden abgegrenzt.

 

Jetzt ist sie 65 Jahre alt und präsentiert im Wettbewerb von Locarno einen Dokumentarfilm über ihre Mutter. „Locarno 15: NO HOME MOVIE von Chantal Akerman (Wettbewerb)“ weiterlesen

Locarno 15: FLORIDE von Philippe Le Guay (Piazza Grande)

Jean Rochefort als Claude Lherminier © Frenetic Films
Jean Rochefort als Claude Lherminier © Frenetic Films

Vor 25 Jahren war der stets hinreissende Jean Rochefort für Patrice Leconte Le mari de la coiffeuse. Heute ist er 85 Jahre alt und perfekt in der Rolle des Claude Lherminier, ehemaliger Patron einer Papierfabrik in Annecy, geschiedener Witwer, und der Schrecken all der Haushälterinnen, welche seine energische Tochter Carole immer wieder für ihn anstellt.

Claude ist charmant, oft mit einem strahlendem Lächeln im Gesicht, und er ist überzeugt, alleine ganz gut zurecht zu kommen. Er freut sich auf den Besuch seiner jüngeren Tochter aus Florida, ohne sich einzugestehen, dass diese vor Jahren bei einem Autounfall tödlich verunfallt ist. „Locarno 15: FLORIDE von Philippe Le Guay (Piazza Grande)“ weiterlesen

Locarno 15: CHANT D’HIVER von Otar Iosseliani (Wettbewerb)

Erinnert an Jacques Tati, an Tintin und an Iosseliani: 'Chant d'hiver'
Erinnert an Jacques Tati, an Tintin und an Iosseliani: ‚Chant d’hiver‘

Mit seinen 81 Jahren darf auch der in Frankreich lebende Georgier Iosseliani sich selber kopieren. Sein jüngster Film ist auch und vor allem ein Echo seiner früheren Arbeiten; der knapp unter der Realismusgrenze angesiedelte Alters-Stil erinnert ein wenig an Jacques Tati und sehr stark an Iosseliani.

Im doppelten Prolog verliert zuerst ein Marquis seinen Kopf (samt der Pfeife im Mund) unter der Guillotine, danach schiessen, töten und plündern Soldaten in einem nicht genauer definierten Krieg. Irritierend ist dabei die absurde Mischung von extremem ausstatterischem Aufwand mit Panzern, Kanonen, brennenden Ruinen, explodierenden Granaten und theatralischem, fast schon pantomimischem Spiel der Schauspieler und Komparsen. „Locarno 15: CHANT D’HIVER von Otar Iosseliani (Wettbewerb)“ weiterlesen

Locarno 15: TRAINWRECK von Judd Apatow (Piazza Grande)

Amy Schumer und Bill Hader © Universal Pictures
Amy Schumer und Bill Hader © Universal Pictures

Die Standup-Comedienne Amy Schumer ist (neben Donald Trump) der US-Star der Stunde. Und dies im Gegensatz zu ihm durchaus zu Recht. Ihre Amy in dieser Komödie ist das titelgebende «Zugsunglück», eine Frau mit Bindungsängsten, zu viel Sex, zu viel Alkohol und zuwenig Sicherheit im Bezug auf ihre eigene Liebenswürdigkeit. Bis sie für ihr Magazin einen attraktiven, seltsam liebenswerten Arzt interviewen muss.

Amy Schumer hat das Drehbuch zu Trainwreck geschrieben, Judd Apatow führt extrem gagsicher wie gewohnt Regie, und im Kino reissen die Lacher nicht mehr ab. Die Sprüche und die Situationskomik decken die ganze Bandbreite von platt bis (US-) schockierend ab. Ergänzt wird sie durch Kontrastkomik, Tilda Swinton als Chefredakteurin aus der irr-britisch akzentuierten Vorhölle und Daniel Radcliffe als Dogwalker im Film im Film – um nur ein paar Highlights zu streifen. „Locarno 15: TRAINWRECK von Judd Apatow (Piazza Grande)“ weiterlesen

Locarno 15: SCHNEIDER VS. BAX von Alex van Warmerdam (Wettbewerb)

Alex van Warmerdam spielt den Bax gleich selber © Graniet Film
Alex van Warmerdam spielt den Bax gleich selber © Graniet Film
Der Holländer Alex van Warmerdam spielt gerne und clever mit dem Genrekino und versetzt die phantastischen Elemente in den holländischen Alltag. In Borgman vor zwei Jahren waren es die wörtlich aus dem Untergrund auftauchenden Usurpatoren von Villen und Privilegien.

Und in Schneider vs. Bax nun lässt er einen Auftragskiller ausgerechnet an dessen Geburtstag, wo er seiner Frau hätte helfen sollen, auf einen Schriftsteller in einem einsamen Haus im Marschland los. „Locarno 15: SCHNEIDER VS. BAX von Alex van Warmerdam (Wettbewerb)“ weiterlesen

Locarno 15: COSMOS von Andrzej Zulawski (Wettbewerb)

Jean-François Balmer, Sabine Azéma und Johan Libereau © Alfama Filims
Jean-François Balmer, Sabine Azéma und Johan Libereau © Alfama Filims

Das ist mit ziemlicher Sicherheit derjenige Film mit der grössten Wörterdichte im diesjährigen Wettbewerb von Locarno. Schon die zwei jungen Männer, die sich für ein paar Tage in eine Familienpension einmieten, sondern abwechselnd poetische und flappsige Sentenzen ab.

Ganz zu Schweigen von der Pensionsfamilie, bestehend aus der von Sabine Azéma gespielten Madame Woytis, ihrem Mann Leon (der stets umwerfende Jean-François Balmer) und ihren beiden Töchtern. „Locarno 15: COSMOS von Andrzej Zulawski (Wettbewerb)“ weiterlesen

Locarno 15: DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER von Lars Kraume (Piazza Grande)

Burghart Klaußner und Ronald Zehrfeld © Look Now
Burghart Klaußner und Ronald Zehrfeld © Look Now

Letztes Jahr erzählte der deutsche Spielfilm Im Labyrinth des Schweigens von den Schwierigkeiten, auf die der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer ab Ende der Fünfziger Jahre zu überwinden hatte, bis sich Deutschland endlich über die Frankfurter Auschwitzprozesse mit seiner Nazivergangenheit und ihren Verbrechen auseinandersetzte.

Nun hat der junge Deutsche Filmemacher Lars Kraume die gleiche Geschichte wieder aufgenommen. Sein Film spielt allerdings ein paar Jahre früher und dreht sich um Bauers vergebliche Versuche, den Organisator der Vernichtungstransporte, Adolf Eichmann, aufzuspüren und in Deutschland vor Gericht zu bringen. Schliesslich bringt er den israelischen Geheimdienst Mossad dazu, Eichmann aus Südamerika nach Israel zu entführen. „Locarno 15: DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER von Lars Kraume (Piazza Grande)“ weiterlesen

Locarno 15: MA DAR BEHESHT (Paradise) von Sina Ataeian Dena (Wettbewerb)

Ma dar Behesht 3

Der Titel dieses Films ist ziemlich sarkastisch, der Iran, in dem die junge Hanieh als Primarlehrerin arbeitet, ist alles andere als ein Paradies. Schon gar nicht für die Frauen und Mädchen, um deren Alltag sich der Film bemüht.

Schon auf der Tonspur zum dunklen Vorspann hören wir, wie eine andere Frau Hanieh zu ihren Kenntnissen der Schicklichkeit und Kleidervorschriften befragt, zu Niqab und Länge der Gewänder. Von den wenigen Männern, die auftauchen, bekommen nur zwei ein Gesicht, Haniehs liebenswerter Freund, und ein sehr charmanter älterer Herr, der die junge Frau ernst nimmt. „Locarno 15: MA DAR BEHESHT (Paradise) von Sina Ataeian Dena (Wettbewerb)“ weiterlesen

Locarno 15: LA BELLE SAISON von Catherine Corsini (Piazza Grande)

Izïa Higelin und Cécile de France ©  Cineworx
Izïa Higelin und Cécile de France © Cineworx

Es ist 1971 und die 23jährige Delphine ist vom Bauernhof nach Paris gezogen – weil ihre heimliche Liebe im Dorf meinte, die Mädchenzeit sei schön gewesen, aber es sei Zeit, erwachsen zu werden, und einen Mann geheiratet hat.

In Paris gerät Delphine mitten unter die bewegten jungen Frauen, hilft bei Protestaktionen gegen die Pahllokraten und männerdominierte Institutionen, und verliebt sich in die 35jährige Carole (Cécile de France). Die lebt zwar seit Jahren mit Manuel zusammen, ist aber nach ihrem ersten Schock völlig entflammt. So sehr, dass sie Delphine aufs Land nachreist, als deren Vater einen Schlaganfall erleidet und den Hof nicht mehr bewirtschaften kann. Aber auf dem Land, da sind die Tabus noch stärker, auch jene, welche Delphine verinnerlicht hat. „Locarno 15: LA BELLE SAISON von Catherine Corsini (Piazza Grande)“ weiterlesen