Berlinale 18: EVA von Benoit Jacquot (Wettbewerb)

Gaspard Ulliel, Isabelle Huppert © 2017 MACASSAR PRODUCTIONS

Ein Autor auf der Suche nach einem neuen Stoff trifft auf eine kühle Prostituierte. Seine Faszination für sie wird obsessiv, als er den Ehrgeiz entwickelt, in ihr Gefühle zu wecken. Alles unter dem Vorwand der literarischen Recherche.

Der Roman Eve des britischen Autors James Hadley Chase wurde 1962 von Joseph Losey verfilmt, unter dem Titel Eva und mit Jeanne Moreau in der Titelrolle. Schon Losey hat versucht, das Buch mit einigen Eingriffen zu bändigen, unter anderem hat er einen Teil der Handlung nach Venedig verlegt. „Berlinale 18: EVA von Benoit Jacquot (Wettbewerb)“ weiterlesen

Berlinale 18: TRANSIT von Christian Petzold (Wettbewerb)

Paula Beer, Franz Rogowski © Schramm Film / Marco Krüger

Flüchtlingsgeschichten? Haben wir sie nicht langsam über? Nur schon die Frage hinzuschreiben, führt zur innerlichen Verkrümmung. Natürlich würden wir lieber wegschauen, natürlich schützen wir uns, wo wir können.

Aber Christian Petzold erinnert uns mit dieser extrem intelligent gemachten Umsetzung des Anna-Seghers-Romans «Transit», dass wir die Geschichte dieser Flüchtlinge auch schon aufgesogen haben, mit sehnsüchtiger Sentimentalität: Casablanca. „Berlinale 18: TRANSIT von Christian Petzold (Wettbewerb)“ weiterlesen

Berlinale 18: DOVLATOV von Alexey German Jr. (Wettbewerb)

Die Leningrad-Bohème um Brodsky (Artur Beschastny) und Dovlatov (Milan Maric) © Saga Films

Als Alexey German Jr. 2015 mit seinem formal beeindruckenden Under Electric Clouds im Berlinale Wettbewerb vertreten war, liess mich das dystopische Unsittengemälde einer zerfallenden russischen Welt einigermassen ratlos zurück. Zu pessimistisch erschien mir das, zu hoffnungslos.

Nun sind wir drei Jahre näher an dieser damals gezeichneten unbestimmten Zukunft, und die allgemeine Stimmung ist näher an jenem Film, als ich mir damals ausmalen wollte. Und nun dreht German selber zurück, ins Jahr 1971, nach Leningrad im November 1971. „Berlinale 18: DOVLATOV von Alexey German Jr. (Wettbewerb)“ weiterlesen

Berlinale 18: DAMSEL von David und Nathan Zellner (Wettbewerb)

Mia Wasikowska, Robert Pattinson in ‚Damsel‘ © Strophic Productions Limited

Was tut man nicht alles, um Stars wie Robert Pattinson oder Mia Wasikowska nach Berlin zu locken. Die Programmierung dieses Films im Wettbewerb der 68. Berlinale ist nun allerdings dermassen durchsichtig, dass man schon fast wieder von Chuzpe reden kann.

Fast fünfzig Jahre nachdem Filme wie Il mio nome e nessuno und die dritte Welle der Euro-Western das US-Pioniergenre vom Alk auf den Ulk gebracht haben, kommen die Zellner Bros. und parodieren nach. Rechtschaffen im Anspruch, prächtig im Setting, gut ausgestattet mit Verkaufswerten wie Pattinson und Wasikowska. Aber Abgründe entfernt von den Coens oder auch nur schon Tarantino, dem sie zumindest bei den Dialogen nachzueifern scheinen. „Berlinale 18: DAMSEL von David und Nathan Zellner (Wettbewerb)“ weiterlesen

Berlinale 18: LAS HEREDERAS von Marcelo Martinessi (Wettbewerb)

Ana Brun, Margarita Irún © lababosacine

Zwei alternde Lesben sehen sich gezwungen, das Familiensilber zu verkaufen. Mit so einem Satz wird man diesem seltsam bockigen Film nicht gerecht. Aber der Plot ist umrissen. Fehlt noch die Feinarbeit, denn aus der besteht «Die Erbinnen».

Chela und Chiquita leben als routiniertes Paar in Chelas Elternhaus. Ihr Alter ist schwer abzuschätzen, sie gehen wohl beide auf die Sechzig zu. Ihr missglücktes Schuldenmanagement hat Chiquita allerdings ein Gefängnisstrafe eingebracht, die sie in diesen Tagen antreten muss. „Berlinale 18: LAS HEREDERAS von Marcelo Martinessi (Wettbewerb)“ weiterlesen

Berlinale 18: ISLE OF DOGS von Wes Anderson (Wettbewerb)

© 2018 Twentieth Century Fox

Man möchte bellen vor Vergnügen. Das ist ein Film für Hündeler und Menscheler. Ein echter Wes Anderson, animiert, lakonisch getextet, und mit jener kindlich explorersüchtigen Exotik, in die uns noch jedes seiner Werke entführt hat.

Diesmal ist das Wunderland Japan, jenes Japan, das aus allen Pop-Facetten besteht, Yakuza und Manga, Trommler und klassische Gemälde, Sagen und Gegenwart, aus Robotern, Wissenschaftlern, Hunden, Katzen und dem Jungen Atari (ja, Atari). „Berlinale 18: ISLE OF DOGS von Wes Anderson (Wettbewerb)“ weiterlesen

Die Unverpassbaren, Woche 07 – 2018

Doug Jones und Sally Hawkins in ‚The Shape of Water‘ © 20th Century Fox

Erst diese fünf Filme sehen, dann alle anderen:

  1. The Shape of Water von Guillermo del Toro. Kino vom Ober-Nerd, dem Herrn des Fantastischen im Zeitgenössischen. Und zugleich im Kern der herzerwärmende Märchenfilm «Prinzessin liebt Fisch».
  2. Ex Libris – The New York Public Library von Frederick Wiseman. Vom Meister des Direct Cinema, ein witziges, kurzweiliges Werk über einen regen Kulturbetrieb, in dem die Ausleihe von Büchern nur eine Nebenrolle spielt.
  3. The Florida Project von Sean Baker. Das prekäre Leben in einem heruntergewirtschafteten Motel am Rande von Disney World, gesehen aus der Perspektive einer Sechsjährigen. Hinreissend und erschütternd, fast dokumentarisch inszeniert mit Laiendarstellern. Und mitten drin Willem Dafoe.
  4. Die vierte Gewalt von Dieter Fahrer. Der Berner Dokumentarfilmer geht dem Medienwandel nach. Der «Bund», die Leibzeitung seiner Eltern, steht für die schrumpfende Printlandschaft, «Watson» und «Die Republik» für Erneuerungsversuche. Und das Radio mit dem «Echo der Zeit» für die journalistischen Konstanten. «Medien übernehmen Verantwortung für die Öffentlichkeit», sagt Fahrer. Darum hätte die Öffentlichkeit auch eine Verantwortung den Medien gegenüber.
  5. Three Billboards Outside Ebbing, Missouri von Martin McDonagh. Diese hypertragische, gewalttätige, zugewandt zynische Vergeltungsgeschichte vom Regisseur von In Bruges, mit der stets grossartigen Frances McDormand ist eine moralische Herausforderung im Trash-Gewand.

Morgen im Filmpodcast: The Shape of Water, L’amant double, Ex Libris, Frederick Wiseman.

Die Unverpassbaren, Woche 06 – 2018

Brooklynn Prince, Bria Vinaite in ‚The Florida Project‘ © filmcoopi

Erst diese fünf Filme sehen, dann alle anderen:

  1. The Florida Project von Sean Baker. Das prekäre Leben in einem heruntergewirtschafteten Motel am Rande von Disney World, gesehen aus der Perspektive einer Sechsjährigen. Hinreissend und erschütternd, fast dokumentarisch inszeniert mit Laiendarstellern. Und mitten drin Willem Dafoe.
  2. Die vierte Gewalt von Dieter Fahrer. Der Berner Dokumentarfilmer geht dem Medienwandel nach. Der «Bund», die Leibzeitung seiner Eltern, steht für die schrumpfende Printlandschaft, «Watson» und «Die Republik» für Erneuerungsversuche. Und das Radio mit dem «Echo der Zeit» für die journalistischen Konstanten. «Medien übernehmen Verantwortung für die Öffentlichkeit», sagt Fahrer. Darum hätte die Öffentlichkeit auch eine Verantwortung den Medien gegenüber.
  3. Three Billboards Outside Ebbing, Missouri von Martin McDonagh. Diese hypertragische, gewalttätige, zugewandt zynische Vergeltungsgeschichte vom Regisseur von In Bruges, mit der stets grossartigen Frances McDormand ist eine moralische Herausforderung im Trash-Gewand.
  4. Machines von Rahul Jain. Die mechanische Unmenschlichkeit einer Textilfabrik als spektakuläres Faszinosum und schmerzvolle Irritation.
  5. Lucky von John Carroll Lynch. Der letzte Film mit Harry Dean Stanton ist ein hinreissendes, herzliches Memento Mori voller Lebensfreude und Skurrilität.

Morgen im Filmpodcast: The Florida Project, Der Klang der Stimme, Schweizer Filme streamen.

Die Unverpassbaren, Woche 05 – 2018

‚Three Billboards…‘ Woody Harrelson, Frances McDormand © 20th Century Fox

Erst diese fünf Filme sehen, dann alle anderen:

  1. Three Billboards Outside Ebbing, Missouri von Martin McDonagh. Diese hypertragische, gewalttätige, zugewandt zynische Vergeltungsgeschichte vom Regisseur von In Bruges, mit der stets grossartigen Frances McDormand ist eine moralische Herausforderung im Trash-Gewand.
  2. Machines von Rahul Jain. Die mechanische Unmenschlichkeit einer Textilfabrik als spektakuläres Faszinosum und schmerzvolle Irritation.
  3. Lucky von John Carroll Lynch. Der letzte Film mit Harry Dean Stanton ist ein hinreissendes, herzliches Memento Mori voller Lebensfreude und Skurrilität.
  4. 120 BPM von Robin Campillo. Der Kampf der Aktivistinnen von Act Up! Paris gegen die Aids-Gleichgültigkeit der 80er Jahre und zugleich ein Pamphlet für eine echte Debattenkultur.
  5. The Killing of a Sacred Deer von Yorgos Lanthimos. Eine ebenso direkte wie metaphorische Rachephantasie im Familienverbund. Verstörend, raffiniert, grausam und komisch.

Morgen im Filmpodcast: Mario, Bilanz Solothurner Filmtage, Dieter Fahrer und Die vierte Gewalt

SFT 18: OUT OF PARADISE von Batbayar Chogsom

Dorj (Bayarsaikhan Bayartsengel) und seine Frau Suren (Enerel Tumen) leben traditionell nomadisch in einer Jurte in der mongolischen Steppe. Die nächsten Nachbarn sind meist weit entfernt, ein Fahrzeug mit Fahrer muss erst gefunden und aufgeboten werden.

Und Dorj ist alles andere als freundlich zu Ganbaa (Bayanmunkh Purevjav), der sich einverstanden erklärt hat, mit den beiden in die Stadt zu fahren. Nötig ist das, weil die hochschwangere Suren nicht noch eine Fehlgeburt riskieren darf, wie ihr der Arzt erklärt hat. „SFT 18: OUT OF PARADISE von Batbayar Chogsom“ weiterlesen