Nyon 10: VIDEOCRACY

Videocracy Berlusconi

Toller Titel, schönes Versprechen: Videocracy des Italieners Erik Gandini verkauft sich als gnadenlose Autopsie der Macht, welche Silvio Berlusconi über Italien dank seines Medienimperiums ausübe. Tatsächlich aber kocht Gandini hier „eine dünne Suppe“ (Dokfilmkollege K.W. aus A.), die zudem noch zu guten Teilen aus genau jenen Bildern besteht, die er denunzieren möchte. Weibliche Rundungen, Blondinen, Veline eben … Dass Berlusconis Macht auf Ärsche und Titten gebaut sei, ist weder neu noch völlig zutreffend. Und wenn Gandini dann noch zwei weitere Gestalten ins Spiel bringt, den mächtigsten TV-Agenten und Berlusconi-Freund und den Signor Corona, seines Zeichens Herr über ein Paparazzi-Imperium, das seine Fotos von den Reichen und Mächtigen gegen Entgelt nicht an die Klatschblätter Berlusconis verkauft, dann macht dies den Film auch nicht überzeugender.

Als Nicht-Italiener könnte man zwar bald schon kotzen ob den Dauergrinsern der Macht und noch mehr ob den vielen willigen Männern und Frauen, die sich den TV-Kameras als Pausenfleisch andienen, aber der Film formuliert keine fassbare These, bringt kaum Fakten und lebt letztlich von der unheiligen Allianz, welche die grösstenteils geborgten Bilder mit einem übertrieben dramatisierenden Thriller-Score eingehen. Geredet wird grösstenteils Italienisch, der Off-Kommentar des Regisseurs radebrecht allerdings Englisch. Das ganze Machwerk ist eine schwedisch-dänische Koproduktion unter dem Zeichen von Zentropa. Klar doch, wer spottet nicht gern über dieses Italien und seine Italienerinnen und Italiener? Immerhin ist der Film hier in Nyon in der Sektion „tendances“ korrekt untergebracht. Und einen Moment der Wahrheit hat Gandini tatsächlich, den verfeuert er aber schon in den ersten Minuten, wenn er erklärt, nur wer in diesem Italien aufgewachsen sei, so wie er, könne das überhaupt verstehen. Vielleicht erklärt dieser Satz auch die verblüffende Ähnlichkeit des Regisseurs mit dem von ihm so gnadenlos denunzierten Herrn Corona. Mit seiner filmischen Methode erweist er sich auf jeden Fall als echter Schüler von Mediaset:

videocracy erik gandini

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