SFT12: NICHT DAS LEBEN von Christine Repond

‚Shooting Dolores‘ in ‚Nicht das Leben‘ ©allaryfilm

Da ist dieser Moment, in dem Florian den Bandkollegen eröffnet, dass er Vater wird. Es entsteht eine unbehagliche Stille, ein Gemisch aus Freude und Schock. Dabei hat der älteste der Jungs schon zwei Kinder, sein Sohn ist 17 und hat auch schon mit der Band als Gitarrist geprobt. Denn das ist der Ankerpunkt von Nicht das Leben: Die „Jungs“ sind keine mehr, sie sind zwischen dreissig und vierzig. Und wenn einer von ihnen zu Beginn des Film trotzig erklärt, die Musik sei sein Leben, seine Lehre und sein Job als Drucker seien bloss ein notwendiges Nebengeleis, dann wird er das selber gegen Ende relativieren.

Christine Repond hat den lange Zeit im Limbo der Verleihlosigkeit schwebenden Neonazi-Spielfilm Silberwald (2010) gemacht, ein Film mit grossen Qualitäten und ein paar Schwächen, die bisher verhindert haben, dass sich jemand traute, ihn ins Kino zu bringen. Nun sieht es allerdings so aus, als ob die Produktion ihn doch noch auf ein paar Schweizer Leinwände bringen wird in diesem Jahr.Nicht das Leben ist ein Dokumentarfilm, und er braucht eine Weile, um auf den Punkt zu kommen. Aber das scheint Teil des Konzeptes zu sein, spiegelt das Verfahren doch letztlich die Lebensperspektive der Protagonisten des Films. Im letzten Drittel kommt es dann um so dicker. Neben der Vaterschaftsankündigung, die als erster Moment der Wahrheit aufleuchtet, folgt wenig später der Versuch des werdenden Vaters (und einzigen Bandmitglieds mit formuliertem Ehrgeiz und Anspruch), mittels Aufgabenteilung von Finanzen bis Promotion etwas Perspektiven zu schaffen. Eine Sequenz, die mit komischer Härte deutlich macht, dass drei Viertel der Band dafür weder Lust noch Energie aufbringen.

Am Ende ist einmal mehr alles anders und natürlich wird auch der Titel in seiner Mehrdeutigkeit noch polyvalenter. Das ist ein beharrlicher Dokumentarfilm, der auf ein Kinopublikum setzt, das sitzenbleibt und auf die Ernte wartet, die schliesslich eingefahren wird. TV-tauglich ist das nur bedingt. Und das ist für einmal durchaus gut so.

 

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