Berlinale 18: TRANSIT von Christian Petzold (Wettbewerb)

Paula Beer, Franz Rogowski © Schramm Film / Marco Krüger

Flüchtlingsgeschichten? Haben wir sie nicht langsam über? Nur schon die Frage hinzuschreiben, führt zur innerlichen Verkrümmung. Natürlich würden wir lieber wegschauen, natürlich schützen wir uns, wo wir können.

Aber Christian Petzold erinnert uns mit dieser extrem intelligent gemachten Umsetzung des Anna-Seghers-Romans «Transit», dass wir die Geschichte dieser Flüchtlinge auch schon aufgesogen haben, mit sehnsüchtiger Sentimentalität: Casablanca.

Petzold macht nicht mehr und nicht weniger, als das Flüchten, das Warten, das Hoffen, das Verzweifeln von vielen Menschen in einer Gleichzeitigkeit von heute und damals zu erzählen.

Da ist Georg, der in Paris die Papiere und das letzte Manuskript des Schriftstellers Weidel mitgenommen hat, aus dem Hotelzimmer, in dem sich der Verzweifelte umgebracht hatte.

Nun trifft er in Marseille auf andere, die ebenfalls hoffen, eine der letzten Schiffspassagen nach Amerika zu erreichen.

Franz Rogowski © Schramm Film / Marco Krüger

Petzold drehte im heutigen Paris, im heutigen Marseille, mit zeitgenössischer Ausstattung, Technik, Kleidern. Mit einem fussballbegeisterten Jungen, dem Sohn einer Frau aus dem Maghreb und Georgs deutschem Freund, der im Fluchtzug seinen Verletzungen erlegen ist.

Wir tauchen ein in diese Welt, die wir aus dem Klassiker Casablanca so gut kennen und die wir da kaum je so klar wahrgenommen haben. Die Behörden, Flüchtlinge, die Gestrandeten, die Verzweifelnden. Die anrückenden Nazis, die französische Polizei, die Razzien, der Verrat und die Schlepper und Profiteure.

Und dazu gibt es die vertrackte, nein, unglaublich komplexe Liebesgeschichte, die Casablanca und seine schwarzweisse Sehnsuchtsromantik ad absurdum führt.

Mehr soll hier nicht verraten werden. Aber deutlich der Hinweis: Wenn Sie keine Lust mehr haben auf Flüchtlingsgeschichten, dann lassen Sie sich auf diese ein. Sie haben es längst getan.

Kommentar verfassen