Zwei Césars für MA VIE DE COURGETTE

Claude Barras, Courgette, César, Céline Sciamma

Bei der Verleihung der wichtigsten französischen Filmpreise gestern Abend in Paris hat Ma vie de Courgette des Wallisers Claude Barras den César für den besten Animationsfilm gewonnen. Und den für das beste adaptierte Drehbuch für Claude Barras und seine Co-Autorin Céline Sciamma. Und nun muss das Team nach durchgefeierter Nacht nach Los Angeles fliegen und an der Oscar-Verleihung in der Nacht auf Montag noch einmal fiebern. Wenn auch mit deutlich weniger Chancen als gestern.

Den gleichen Parcours absolviert übrigens auch Schauspielerin Isabelle Huppert. Auch sie war gestern in Paris, wo ihr Film Elle von Paul Verhoeven als bester Film ausgezeichnet wurde. Und sie einmal mehr als beste Darstellerin. Im Januar wurde Huppert für ihre Rolle in Elle schon bei den Golden Globes ausgezeichnet. Und für den Oscar morgen Nacht ist sie ebenfalls nominiert.

Alle Césars gibt es auf der Webseite der französischen Académie.

Berlinale 17: DJANGO von Etienne Comar (Eröffnungsfilm)

Reda Kateb als Django Reinhardt © Roger Arpajou

Django Reinhardt, eigentlich Jean Reinhardt, war französischer Sinti – oder Manouche, wie sich die Sinti selber nennen. Und er war der berühmteste Gitarrist seiner Zeit. Er prägte den Manouche Jazz – und war für den europäischen Jazz in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Leitfigur. Seine Geschichte ist nun Stoff für einen Film geworden: Django eröffnete heute Abend die 67. Internationalen Filmfestspiele Berlin, die Berlinale.

Über die Berlinale wird immer wieder gesagt, sie sei das politischste aller Filmfestivals: umso grösser das Erstaunen, dass für diese Ausgabe 2017 eine Musikerbiografie den Auftakt machen sollte. Zumal Dieter Kosslick, Festivalpräsident, in seinem Grusswort zum Programm schreibt: «Selten hat ein Berlinale-Programm die aktuelle politische Situation so eindringlich in Bilder gefasst, wie in diesem Jahr.» „Berlinale 17: DJANGO von Etienne Comar (Eröffnungsfilm)“ weiterlesen

SFT 17: MISÉRICORDE von Fulvio Bernasconi

‚Miséricorde‘ © outside the box

Der Kanada-Urlaub eines Schweizer Polizisten wird zur Jagd auf einen fahrerflüchtigen Trucker. Was nach Roadmovie klingt, ist tatsächlich eines. Und noch viel mehr.

Thomas Berger aus der Schweiz hat ein paar Wochen in Kanadas Wäldern Urlaub gemacht, schweigend gefischt mit dem pensionierten Polizisten, der ihm seinen Bungalow vermietet hat. „SFT 17: MISÉRICORDE von Fulvio Bernasconi“ weiterlesen

SFT 17: ZAUNKÖNIG – TAGEBUCH EINER FREUNDSCHAFT von Ivo Zen

Martin Felix © Vincafilm

Packend und rührend an diesem Dokumentarfilm ist seine Rekonstruktion der Jugend- und Freundschaftsjahre zwischen Filmemacher Ivo Zen, dem drogensüchtigen und mittlerweile verstorbenen Martin Felix und ihren anderen Freunden.

Der emotionale und inszenatorische Aufwand, den der Filmemacher betreibt, ist dabei beträchtlich. Im Zentrum stehen die minutiös geführten Tagebuch-Hefte des verstorbenen Freundes und der Versuch, seine und die eigene Wahrnehmung abzugleichen. „SFT 17: ZAUNKÖNIG – TAGEBUCH EINER FREUNDSCHAFT von Ivo Zen“ weiterlesen

SFT 17: MIRR von Mehdi Sahebi

‚MIRR‘ von Mehdi Sahebi © cinéma copain

„Mirr“ heisst offenbar „Feld“ auf Khmer Bunong. Es geht um die Felder, welche kambodschanischen Bauern von grossen Firmen weggenommen werden, um das Ende eines halb-sesshaften Agrarsystems, bei dem die Bauern mal da mal dort ein Feld bewirtschaften konnten. Bis eben, zum Beispiel, riesige Kautschuk-Plantagen das vorher weitgehend frei genutzte Land der Allgemeinheit entrissen.

Auf den ersten Blick ein Film und ein Thema, das wir kennen. Landenteignung bei Ureinwohnern, Elend, Alkoholismus. Den ethnographischen und den anthropologische Zugriff haben wir gesehen, die Aktivisten-Filme, die engagierten, involvierten, anwaltschaftlichen Dokumentarfilme. Aber Mehdi Sahebis Film bringt eine zweite Ebene ins Spiel, die viel stärker wirkt.  „SFT 17: MIRR von Mehdi Sahebi“ weiterlesen

SFT 17: ALMOST THERE von Jacqueline Zünd

‚Almost There‘ von Jacqueline Zünd © First Hand Films

Pensionär Bob aus Seattle kauft ein gebrauchtes Wohnmobil und bricht auf in die kalifornische Wüste. Dragqueen Steve tauscht das graue England ein gegen das sonnige Altersghetto Benidorm. Und der verkniffene japanische „Salaryman“ Yamada beginnt, Kindern Bilderbücher vorzulesen.

Drei Männer, drei Kontinente, drei ungewisse, aber wohl finale Lebensentwürfe: Jacqueline Zünds schöner, melancholischer Dokumentarfilm zeigt Aufbrüche, drei Menschen, die das sichere Verlöschen in Schach halten, indem sie noch einmal etwas komplett Neues wagen. „SFT 17: ALMOST THERE von Jacqueline Zünd“ weiterlesen

SFT 17: USGRÄCHNET GÄHWILERS
von Martin Guggisberg

Philippe Nauer, Ruth Schwegler in ‚Usgrächnet Gähwilers‘ © filmcoopi

Die Gähwilers kennen wir. Nettes Haus, SUV, FDP, und nun, als Krönung, die lokalpolitische Karriere für Ralph. Da darf natürlich nichts passieren vor den Wahlen. Saublöd, wenn der schwarz gärtnernde, untergetauchte Flüchtling Ngundu aus dem Sudan ausgerechnet bei den Gähwilers von der Leiter stürzt und sich mit der Motorsäge ins Bein schneidet.

Ralph will nicht, dass der Mann gesehen wird, schon gar nicht von den Nachbarn. Ngundu will unter keinen Umständen zum Arzt. Also wird er im Keller versteckt und der befreundete Veterinär gerufen. „SFT 17: USGRÄCHNET GÄHWILERS
von Martin Guggisberg“
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SFT 17: DER FROSCH von Jann Preuss

Liliane Amuat (Gina) und Urs Jucker (Jonas) © Vinca Film

Jonas (Urs Jucker) geht auf die Fünfzig zu. Seine Ehe ist gescheitert, den Schweizer Buchpreis hat er vor langer Zeit gewonnen (mit dem Reiseroman „Fucking Burma“), seine Depressionen hält er mit Psychopharmaka knapp in Schach, und sein Geld verdient er mit Schreibworkshops in der Clubschule. Bis dort die quirlige Gina (Liliane Amuat) mit ihren Sudelheften voller unbekümmerter Tagebucheinträge auftaucht.

Ein ausgebrannter, depressiver Schriftsteller, eine neue Verliebtheit und seine filmisch umgesetzten Tag- und Nachtträume: Ein Gerüst, das schon manche Tragikomödie über ihre eigenen Untiefen getragen hat. Der Klassiker des Genres ist Le magnifique mit Jean-Paul Belmondo, am bekanntesten die Romancing the Stone-Komödien mit Michael Douglas, Kathleen Turner und Danny DeVito in den Hauptrollen. „SFT 17: DER FROSCH von Jann Preuss“ weiterlesen

SFT 17: QUAND J’ETAIS CLOCLO
von Stefano Knuchel

Papa Knuchel am Ende. ‚Quand j’etais Cloclo‘ © outside the box

Zusammen seien sie 395 Jahre alt und hätten Alkoholismus, Gefängnis, Drogen, Betrügereien und Depressionen überlebt, sagt Stefano Knuchel von seiner Familie. Das Überleben verdanken sie der Mutter, die Katastrophen dem Vater. Das wäre das vordergründige Fazit dieses verspielten, charmanten Dokumentarfilms.

Bloss betont Knuchel, Moderator und Showman beim Tessiner Radio und Fernsehen RSI, immer wieder, wie wunderbar das Leben auf der Flucht gewesen sei. Wie glamourös die ersten Jahre in der Villa in Locarno Monti. Ein wenig zu oft. „SFT 17: QUAND J’ETAIS CLOCLO
von Stefano Knuchel“
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SFT 17: DOUBLE PEINE von Léa Pool

‚Double peine‘ von Léa Pool © Catpics AG

Wenn Mütter ins Gefängnis kommen, werden ihre Kinder mitbestraft. Das kann sehr unterschiedlich aussehen, aber für die Kinder gilt immer, dass sie unter etwas leiden müssen, das sie nicht verschuldet haben.

Die Kanada-Schweizerin Léa Pool hat an vier verschiedenen Orten der Welt solche Kinder und ihre Mütter besucht. In Nepal, im Québéc, in Bolivien und in den USA. Ihr Dokumentarfilm zeigt verschiedene Systeme, aber überall den gleichen Schmerz. „SFT 17: DOUBLE PEINE von Léa Pool“ weiterlesen