Berlinale09: Catherine Breillat und ihr Blaubart

Barbe bleu von Catherine Breillat im Panorama

Das Drama der alternden Mätresse, welches Stephen Frears mit Michelle Pfeiffer eher geschwätzig verfilmt hat, hat Frankreichs kluge Skandalfilmerin Catherine Breillat mit mehr Engagement und Dampf in Une vieille maîtresse (Cannes 2007) auch schon aufgearbeitet. Mit mehr Risikofreude. Bekannt und berüchtigt wurde sie aber vor allem mit ihren radikalen Filmen wie Romance oder Sex is comedy, welche in der Regel kein Blatt vor den Mund, geschweige denn vor die Scham nahmen. Um so verblüffender nun ihr jüngster, Barbe bleu (Blaubart), der hier im Panorama zu sehen war. Sex ist da zwar ein Thema und eine Tatsache, wie nicht anders zu erwarten beim freudianisch-feministisch längst hoffnungslos überbelegten Blaubart-Stoff, aber Breillat zeigt keinen. Jedenfalls keinen mit Körperteilen. Was nicht heisst, dass dieser Barbe bleu irgendwie verschämt daherkäme, im Gegenteil: So verspielt und fröhlich, subversiv und doppeldeutig war Breillat schon lange nicht mehr. Sie erzählt die Blaubart-Geschichte vom frauenmordenden Herausforderer und der kecken Jungfrau, die ihn schliesslich zur Strecke bringt, in der Tradition von Angela Carter als symbolschwangeres Mysterienspiel um die erwachende weibliche Sexualität und ihre Macht, einerseits als la belle et la bête, mit einem physisch und spielerisch überaus imposanten Dominique Thomas als Blaubart und zwei sehr jungen Schauspielerinnen in Doppelrollen als vaterlose Schwestern in der Blaubartgeschichte, und als Schwestern in einer Rahmenhandlung, die man durchaus autobiografisch interpretieren darf: Die jüngere Schwester ist die Mutige, Freche, Entschlossene, welche schliesslich keck das Monster heiratet und ihn auch noch lieben lernt, bevor sie der eigenen Neugier nachgibt und sein Gebot missachtet.

Der Moment, in dem das Mädchen (in seiner jüngeren Ausprägung als kleine Schwester) die im verbotenen Kellerverlies die aufgehängten Leichen der verschwundenen Blaubart-Frauen findet, in einer Lache von Blut, ist das einzige drastische Bild dieses Films. Ansonsten sieht das so gemütlich und idyllisch aus wie die frühen Poe-Verfilmungen von Roger Corman, mit Kostümen aus irgendeinem Faschings-Fundus auf der grünen Wiese und vor irgendeinem Loire-Schloss gedreht. Ein märchenhafter Film, aufgeladen mit kindlichen Machtspielen, unschuldiger und schuldiger Erotik, Widersprüchen und vor allem einer grossen, verspielten Zuneigung zu diesem mysteriösen Reich der erotischen Unsicherheiten, dieser Tektonik zwischen Macht, Anziehung und Abstossung zwischen den Geschlechtern.

Kommentar verfassen