Das FIFF und die Rache der Frauen

Festival International de Films de Fribourg 2009
Festival International de Films de Fribourg 2009

Heute bat das Festival de Fribourg (14.- 21. März 2009) zur Pressekonferenz in der ancienne gare, und man darf sagen: Das line up im zweiten Jahr der künstlerischen Leitung von Edouard Waintrop kann sich sehen lassen. Waintrop setzt den Kurs der Öffnung vom letzten Jahr fort. Das einstige „3. Welt-Film-Festival“ ist nun in aller Bescheidenheit ein Weltfilmfestival, ein Ort, wo man Filme zu sehen bekommt, die uns das kommerzielle Kino kaum mehr bieten kann. Kein einziger der 14 Filme im Wettbewerb ist eine Weltpremiere, dafür sind sie samt und sonders ausgesuchte Perlen von anderen Festivals. Das kann durchaus eine Wohltat sein, denkt man etwa an den Wettbewerb des Festivals von Locarno, wo hin und wieder auch zweifelhafte Filme zu sehen sind, um dem Erstaufführungsanspruch eines A-Festivals zu genügen.

Die Spezialität des künstlerischen Leiters Waintrop ist aber die Integration des Genre-Kinos ins seriöse Filmprogramm. Statt der gewohnten Blütenlese guter, gutgemeinter oder einfach mit westlicher Hilfe mehr oder weniger gut gemachter ‚Aufklärungs‘-Filme aus der ‚anderen Welt‘, die stets neben dem künstlerischen Anspruch auch noch unseren Wunsch nach ‚Authentizität‘ zu befriedigen hatten, stellt Waintrop gerne jene Filme ins Programm, die auch das Publikum der produzierenden Länder wirklich erreichen. Genrekino eben, Unterhaltungskino nach klassischem Erzählmuster, so etwa in der Reihe Le Parrain en Asie (Der Pate in Asien), die asiatischen Mafia-Filmen gewidmet ist, oder, noch spannender, Fábulas da favela, Slum-Geschichten, wo unter anderem auch der letztjährige, sehr umstrittene Berlinale-Sieger Tropa de Elite gezeigt wird (der in der Schweiz keinen Verleih gefunden hatte).

Dass gerade das Genre-Kino aus anderen Weltgegenden oft mehr über diese Ecken zu erzählen vermag, als die weltaufklärenden Export-Produkte, ist keine neue Erkenntnis. Und sie darf auch nicht überstrapaziert werden, denn Dutzendware ist überall Dutzendware. Bloss taucht immer wieder mal ein faszinierender Rohling darunter auf.

Und dann hat Waintrop eben noch die Reihe Rache der Frauen programmiert, die mich besonders fasziniert. Dabei handelt es sich nämlich einerseits um eine weitere Verneigung vor dem Genre-Kino, dem vom Exploitation-Kino besonders oft durchexerzierten Schema der vergewaltigten Frau, die zurückschlägt (und so Gewalt-, Schaulust und Pseudomoral gleichzeitig bedient). Gleichzeitig sind aber die programmierten Filme bereits wieder Weiterentwicklungen und Varianten davon, zum Beispiel aus Frankreich der berüchtigte Baise-moi, aus Indien Shekar Kapurs Bandit Queen, oder John Dahls Genreperle The Last Seduction mit der grossartigen Linda Fiorentino. Das Thema liegt offensichtlich in der Luft, nach dem vorletztjährigen The Brave One mit Jodie Foster, und vor allem nach den zahlreichen Filmen mit wehrhaften und/oder vergewaltigten Frauen der diesjährigen Berlinale, oder auch nach dem Buch von Noël Burch, De la beauté des latrines, dem Waintrop einen langen Eintrag in seinem Blog bei der Libération gewidmet hat.

Waintrop Edouard FIFF 2009
Edouard Waintrop, künstlerischer Leiter FIFF (Foto: Sennhauser)

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