CLUB ZERO von Jessica Hausner

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Nach der Anerkennung mit ihrem Little Joe im Wettbewerb von Cannes vor drei Jahren will Jessica Hausner jetzt endlich den internationalen Erfolg. Das wäre eine Erklärung für dieses grelle, auf maximal plakative Verständlichkeit ausgelegte Sekten-Schul-Drama.

Die von Mia Wasikowska gespielte Ms Novak ist die neue Lehrerin an einer elitären Privatschule. Ihre Fachspezialität ist «bewusste Ernährung», und die besteht ihrer Lehre nach darin, möglichst wenig zu essen.

Mia Wasikowska als Ms Novak © Praesens

Damit rennt sie bei der einen oder anderen Schülerin natürlich offene Türen ein.

Die fünf jungen Frauen und Männer, die sich schliesslich in ihrem Kurs engagieren, nennen unterschiedliche Gründe dafür: Rettung des Planeten, Reduktion des Konsums, Entgiftung des Körpers… einer von ihnen gibt offen zu, dass er die Kurs-Punkte brauche für ein Stipendium. Ausserdem hat er ein Auge auf eines der Mädchen geworfen.

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Das alles filmt Jessica Hausner in ihrem leicht identifizierbaren Kodak-Retro-Stil, mit symmetrischen Aufstellungen, viel Kontrastfarbe und hin und wieder einem krassen Tonschnitt, der den Szenenwechsel begleitet. In einem Fall wörtlich, mit einem Schnitt auf ein elektrisches Tranchiermesser beim Bratenschneiden.

Dass diese Ms Novak eine Mission hat, dass der «Club Zero» nicht umsonst so heisst, und dass die Hingabe der Schülerinnen und Schüler an ihre Aufgabe bald grenzenlos ist, sorgt natürlich vor allem bei den Eltern für Besorgnis.

Konsequentes radikales Fasten als Mittel gegen Bulimie, auf die Idee muss man auch erst mal kommen. Aber leider ist Ms Novak auch nichts anderes als ein kleiner Möchtegern-Guru und Hausner inszeniert bis in die Dialoge hinein mit der Methodik eines 1960er Jahre Instruktionsfilmes.

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Fragen und Antworten, Erklärungen und Ausführungen: Die Kids reden wie die Protagonisten eines Antidrogen-Films oder eben einem Warnfilm gegen Sekten.

Das zieht sich, immerhin konsequent, und steigert sich auch maximal. Dabei hat das Publikum nach einer halben Stunde das Prinzip begriffen.

Das wäre alles auszuhalten, wenn es diesen Film nicht schon gäbe, ebenfalls von einer Österreicherin gemacht und deutlich subtiler.

Ruth Maders Serviam – Ich will dienen lief letztes Jahr im Wettbewerb von Locarno und hat nicht nur einen fast identischen Plot – eine fanatische junge Nonne leitet die empfänglichen Schülerinnen zu lebensgefährlicher Selbstkasteiung an – sondern auch einen vergleichbaren Stil.

Die Luxusschule mit strenger Designarchitektur, die fragilen Beziehungen der Schülerinnen untereinander und mit ihren Eltern, die Versuche der Schulleitung, den Schaden ohne Skandal zu begrenzen.

Sidse Babett Knudsen als imagebewusste Schulleiterin © Praesens

Nun wirkt Jessica Hausners Club Zero wie das international popularisierte Remake von Maders Film in englischer Sprache. Handwerklich auf höchstem Niveau gemacht, Ausstattung, Farbschema, die Schauspielerinnen und Schauspieler, alles grossartig.

Aber so einfach gestrickt wie Fast-Food-Werbung.

Dafür gibt es in dem Film eine kalkulierte, im Vorspann mit einer Trigger-Warnung versprochene kleine Kotz-Szene, die Ruben Östlunds Triangle of Sadness in ihrer reduzierten Intimität den Widerlichkeitsrang ablaufen könnte.

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