Der Filmtitel steht auf Arabisch für das jüngste Gericht. Geisteskranke werden nicht gerichtet werden, sondern kommen direkt in den Himmel, erklärt der Arzt der ägyptischen Lepra-Kolonie einmal.
Und Beshay, die Hauptfigur des Films, versichert seinem Schützling, dem Waisenjungen Obama, dass auch ihr Esel direkt in den Himmel kommen werde, als er den Strapazen der langen gemeinsamen Reise der beiden erliegt.
Beshay schätzt sein Alter auf etwas über vierzig, genau weiss es der kleinwüchsige, massiv verunstaltete Mann nicht. Sein Vater hat ihn als kleinen Jungen bei der Lepra-Kolonie abgeladen, mit dem Versprechen, ihn wieder zu holen, wenn er geheilt sei. Er ist nie gekommen.
A.B. Shawky ist der Sohn eines Aegypters und einer Österreicherin. Er hat in Ägypten Film studiert und an der Tisch School of Arts in New York. Auf der Basis eines 15minütigen Dokumentarfilms den er in seiner Studienzeit in der Abu Zaabal Lepra-Kolonie in Ägypten gedreht hatte, entwickelte er in New York die Idee eines Spielfilms.
Rady Gamal, der Beshay spielt, ist kein Schauspieler, sonder einer der Bewohner der Lepra-Kolonie, den Shawky seinerzeit interviewt hatte. Aber er geht völlig auf in der Rolle des Beshay, und er hat nicht nur die körperlichen Merkmale und das vernarbte Gesicht, sondern auch das Charisma für die Rolle.
Die Story für den Film ist simpel: Nachdem Beshays Frau nach vielen Jahren Ehe in der Kolonie in der geschlossenen psychiatrischen Abteilung gestorben ist, beschliesst Beshay, sich auf den Weg zu machen und seine Familie zu suchen, den Vater, der ihm seinerzeit versprochen hatte, ihn wieder zu holen. Beshays Lepra ist längst geheilt, wie die der meisten Bewohner der Kolonie. Aber entstellt wie sie sind, sind diese Menschen mehr oder weniger freiwillig in der Kolonie geblieben, wohl wissend, dass sie bei den Mnschen draussen mehr Angst und Aggression auslösen als sonstige Gefühle.
Beshays Reise mit dem Eselskarren und dem Waisenjungen Obama, der partout nicht zurückbleiben will, ergibt ein eigenwilliges, ziemlich realistisches Roadmovie dem Nil entlang und durch Teile der ägyptischen Gesellschaft.
Shawky lässt dabei die grausamen Aspekte des Alltags nicht aus, bringt aber auch immer wieder Menschen ins Spiel, die hilfreich sind oder gar in einer ähnlichen Situation.
Was den Film antreibt, ist Beshays inhärente Würde. Der Mann weiss, wo er steht im Leben und er weiss, was er will und was allenfalls nicht zu haben ist. Damit ist er von Anfang an eine Vaterfigur für den Jungen Obama und zugleich eine starke Hauptfigur für den Film.
In der besten Roadmovie-Tradition nutzt A.B. Shawky seine Story für eine Tour durch Ägypten, lässt Konfessionen auftreten und verschiedene Menschentypen; die Reise geht über Land, Fluss, Bahn und Stadt und fühlt sich immer wieder dokumentarisch an.