Locarno: Preopening mit Young@Heart

Frédéric Maire auf dem schermo gigante in Locarno (c) sennhauserFrédéric Maire wirkte fit und vergnügt auf der Festivalbühne. Der Abend vor der Festivaleröffnung gehört hier traditionellerweise der einheimischen Bevölkerung mit einer Gratis-Filmvorführung auf der Piazza Grande. Dafür, dass morgen wieder alles ausverkauft sein wird, waren aber erstaunlich wenig Leute da heute. Dabei ist der Film Young@Heart wirklich ein beschwingtes Stück Dokumentarkino mit heimlichem Biss. Ein Chor aus lauter sehr alten Menschen (Durchschnittsalter 80!) singt Rock-, Pop- und Soulfeger, Punksongs und anderes. Das ist nicht einfach rührend und ermutigend, wie man es vielleicht erwarten würde, das hat auch eine ganz scharfe Seite. Der Trick liegt unter anderem darin, das Bob Cilman, der Chorleiter, seine Sängerinnen und Sänger ganz subversiv auf die Songs loslässt. Wenn die entschlossenen Alten an einem Gefängniskonzert „Forever Young“ singen, zu Ehren eines eben verstorbenen Kollegen, oder „Staying Alive“, den Bee Gees Heuler, dann bekommen die Songs eine komplett neue, überraschende Bedeutung. Wenn Cilman sie aber „Schizophrenia“ von Sonic Youth einstudieren lässt, dann wird das zum surrealen Musiktheater, die ganze Sache wächst weit über sich selbst hinaus und die Performance nimmt Dimensionen an, die in die Knochen fahren. Das war ein guter Abend auf der Piazza Grande und der Film kommt demnächst ins Kino, an diversen Open Airs war er auch schon zu sehen. Ich denke, das wird ein Langzeit-Brenner, das ist einer der Filme, in die man Familienmitglieder schickt oder mitschleppt und die tun das dann wiederum mit ihren anderen Angehörigen. Gut so!

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