BULLET TRAIN von David Leitch

Brian Tyree Henry und Brad Pitt © Sony

Das laute Knallen über der Piazza Grande von Locarno war dem diesjährigen Eröffnungsfilm zu verdanken. Ja, Bullet Train ist ein pyro- und kampftechnisches Feuerwerk mit genügend ballistischen Einlagen, um die Ausgaben von rund 90 Millionen Dollar für die Produktion wieder einzuspielen.

Aber der grösste Knall zum Auftakt dieser 75. Ausgabe des Filmfestivals von Locarno war dann wohl doch das Platzen der Seifenblase – denn mehr ist Bullet Train beim besten Willen nicht.

Bad Bunny und Brad Pitt in ‚Bullet Train‘ © Sony

Was niemanden daran hindern soll, das schillernde Gebilde aus viel Luft für seine Lebensdauer von 127 Minuten vergnügt zu bestaunen.

Regisseur David Leitch hat mit Produzent Antoine Fuqua den Krimi «Maria Beetle» von Kôtarô Isaka in eine wilde stilistische Mischung aus schaumschlägerischen Tarantino-Quassel-und-Kampf-Szenen im mangabunten stilistischen Kleid einer atemlosen Wes-Anderson-Parodie gezwungen.

Das ist bisweilen genau so anstrengend originell, wie es klingt. Bisweilen aber auch ganz entspannt lustig, zumal in jenen Szenen, die Brad Pitt und seinem peace-out-Entspannungs-suchenden Berufskiller Ladybug gehören.

Momomon in ‚Bullet Train‘ © Sony

Dass sich Ladybug auftragsgemäss in einem Shinkansen, also einem japanischen «Bullet Train» auf die Suche nach einem Aktenkoffer voller Geld macht und dabei von einer ganzen Reihe weiterer Auftragskiller behindert, bemördert und betrogen findet, versteht sich von selbst.

Brad Pitt kultiviert den entspannten Killer-Charme seiner Figur aus Tarantinos Once Upon a Time in Hollywood für diesen Film so unangestrengt gekonnt, dass man sich zuweilen an Mr. & Mrs. Smith erinnert fühlt. Der Schauspieler hat hier nicht nur Star-Power, sondern unbestritten Charisma.

Der zweite gelungene running Gag ist die Stimme von Sandra Bullock an Brad Pits Ohr. Sie spricht seine «Handlerin», also die Frau in der Auftragszentrale, die ihm Anweisungen übers Mobiltelefon gibt. Die beiden haben ein familiär neckisches Verhältnis, das an den guten Boss-Onkel von «Charlie’s Angels» erinnert.

Brad Pitt und Aaron Taylor-Johnson © Sony

Ansonsten merkt man dem Film an, dass er ursprünglich wohl noch härter und brutaler geplant war, schliesslich attestiert die Literaturkritik der Krimivorlage ein sinistrer Psychothriller zu sein.

Da aber mit wachsendem Budget auch das Publikum wachsen muss und ein abgemildertes Rating für das US-Box-Office nur mit familienfreundlich gedämpfter Gewalt zu erzielen ist, ist das nun zwar oft blutig-brutal, aber zugleich comicmässig auf der Guy-Ritchie-Schiene.

Für das aktuelle Kino leistet dieser Bullet Train was er soll. Damit erreicht der Film wohl tatsächlich das Marvel-Publikum und einen Teil der Bond-Klientel, mitunter also genau jene Leute, die nur noch ins Kino gehen, wenn eine Leinwand-Kiste so richtig schön laut und schnell und nicht ganz stubentauglich daherkommt.

Im Kino ab 4. August

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