Seraina Rohrer ist die neue Chefin der Solothurner Filmtage

Nach fünfundvierzig Jahren unter männlicher Leitung übernimmt jetzt mit Seraina Rohrer eine Frau die Verantwortung für die Solothurner Filmtage.

Die Dreiundreissigjährige ist branchenintern alles andere als unbekannt. Sie hat etliche Jahre das Pressebüro des Filmfestivals von Locarno geleitet und sich dabei als eine nicht aus der Ruhe zu bringende, absolut professionelle Praktikerin erwiesen. Andererseits ist Seraina Rohrer eine studierte Filmwissenschafterin, die sich im Verlauf ihres Studiums in Zürich, in den USA und in Mexiko mit Inhalten und mit Produktionsbedingungen beschäftigt hat. Für die altehrwürdigen Solothurner Filmtage bedeutet die Wahl Rohrers einen mehrfachen Paradigmenwechsel. Die einst als Selbsthilfeveranstaltung der sich in der Schweiz ignoriert fühlenden Filmemacher gegründete Veranstaltung ist unter der langjährigen umsichtigen Leitung von Ivo Kummer zu einem hochprofessionellen, gut verankerten und über Sponsoren solide finanzierten institutionellen Anlass geworden.

Zu einem Zeitpunkt, in dem sich Filmproduktion und Filmförderung nicht nur in der Schweiz immer schneller neuen technischen und ökonomischen Wechseln ausgesetzt sehen, besteht für die ehrwürdige Institution der Filmtage die Gefahr, zum bewahrenden, in erster Linie auf Selbsterhaltung ausgerichteten Hort bewährter Werte zu werden.

Seraina Rohrer, welche neben dem Kunst- und Autorenkino vor allem auch das kommerzielle Kino unter den exotischsten Finanzierungsbedingungen studiert hat, bringt jenen zusätzlichen Blick von aussen auf das Schweizer Filmschaffen mit, der ihr dabei helfen dürfte Tendenzen und Veränderungen rechtzeitig zu erkennen und für die Filmtage fruchtbar zu machen.

In den nächsten Jahren wird Seraina Rohrer die Solothurner Filmtage durch eine sich ständig verändernde Festivallandschaft steuern müssen, in einer Zeit, in der das Jahr über immer weniger reguläre Leinwände für Schweizer Filme zur Verfügung stehen und immer weniger Leute überhaupt den Gang ins Kino auf sich nehmen.

Dass sie auch unter angespannten Bedingungen nicht aus der Ruhe zu bringen ist, hat Seraina Rohrer nicht nur im Umgang mit gestressten, widerborstigen und egozentrischen Journalisten bewiesen, sondern auch mit ihrer gleichzeitig souverän ausgefüllten Rolle als Studentin und sehr junge Mutter eines Sohnes.

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